Die Sozialforschung bestätigt es seit Jahrzehnten: Freundschaft ist der zentrale Erfolgsfaktor für unser Leben. Freundschaftsbeziehungen helfen uns, mit den Chancen und Risiken umzugehen, die unsere Gesellschaft, Job und Privatleben bereithält. Sie lösen das Dilemma zwischen gesellschaftlich vorgegebener Individualität und der Notwendigkeit zur Sozialität und bieten einen Ausweg zwischen den Extremen "sozialer Isolation" und "Kontaktinfarkt", wie sie die Großstädte mehr und mehr kennzeichnen. Durch den breiten Erfolg der sozialen Netzwerke wie Facebook und Snapchat ist die Zahl von "Freundschaften" noch einmal exponentiell gewachsen.
Kardinal Woelki: Caritas et furor Freundschaft ist so wichtig im Leben - ignoriert die Kirche das?
Ehe und Familie - das sind Kernthemen in der Kirche. Übersieht die Kirche dabei eigentlich die Freundschaft? Rainer Maria Kardinal Woelki geht der Frage nach.
Und dennoch scheint die Kirche an dieser Wirklichkeit vorbeizusehen, ja beinahe blind zu sein, wenn sie sich gute drei Jahre und über zwei Weltbischofssynoden ausschließlich und wortreich mit "Ehe und Familie" beschäftigt und über die Sozialform Freundschaft, die nun wirklich alle angeht, kaum ein Wort verliert. Stimmt dieser Eindruck?
Mit Blick auf die Geschichte des Christentums sicherlich nicht. "Freundschaft" zieht sich als geistlich-theologisches Motiv durch die gesamte christliche Spiritualitätsgeschichte. Auf dem Hintergrund des in der Antike philosophisch bedeutenden Freundschaftsbegriffs übernahmen bereits die griechischen wie die lateinischen Kirchenväter den Freundschaftsgedanken für die Entfaltung ihrer theologischen Gedanken. Daneben gab es Kirchenlehrer und -lehrerinnen, die Formen von Seelen- oder geistlicher Freundschaft - wie etwa zwischen Teresa von Ávila und Jerónimo Gracián - selbst gelebt und wortreich beschrieben haben.
Im Mittelalter hat Thomas von Aquin die zu seiner Zeit ziemlich moderne Freundschaftslehre des Aristoteles in sein Denken integriert - und zwar nicht nur als Gottesfreundschaft, sondern auch als Freundschaft zwischen zwei Menschen. Noch - und hier schließt sich der Kreis in die Gegenwart hinein - in dem jüngsten Lehrschreiben von Papst Franziskus finden sich die Belegstellen von Thomas von Aquin zitiert.
Die Ehe wird bei Franziskus am Maß einer "besten Freundschaft" gemessen und darin ebenso hervorgehoben wie eingereiht in ein darüber hinausgehendes Spektrum unterschiedlicher Ausformungen von Freundschaft. Diese Perspektive tut der Ehe als einer Form "bester Freundschaft" keinen Abbruch, sie tut ihr gut. Die Gemeinsamkeit der Ehe mit der Freundschaft ist im Deutschen bereits der Wortbedeutung eingeschrieben. "Freund" stammt von "vrien" (also: umwerben) beziehungsweise "freien" und ist mit Worten verwandt, welche "helfen" oder "Freude" bedeuten. Darin sind Ehe und Freundschaft schon über unsere Muttersprache in ein analoges Verhältnis gesetzt.
Freundschaften - nicht nur die bei Facebook - werden heute gern auch kurzfristiger und -lebiger interpretiert - eine scheinbar "flüchtige" und selbst von Soziologen über lange Zeit vernachlässigte Kategeorie. Sie nehmen sie in jüngster Zeit mehr in den Blick, indem sie Freundschaft als eine "auf freiwilliger Gegenseitigkeit basierende Beziehung in einer Zeitspanne" definieren. Und auch theologisch gilt es, Freundschaften aller Art mehr in das Rampenlicht kirchlicher Wahrnehmung zu setzen. Sie sind bedeutsam, lebenswichtig, ja heilsbedeutsam, weil man an ihnen erst dankbar kennenlernen darf, was es heißt, dass Christus uns "Freunde" genannt (Joh 15,15) hat. Mehr hat die Kirche eigentlich nicht in die Gesellschaft zu sagen als genau das.
"Ich wünsch' Dir einen Freund", heißt ein spirituelles Büchlein von Anselm Grün. Und auch ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich Ihnen einen Freund wünsche. Vielleicht in einer Freundschaftsform, für die wir heute noch gar keine Worte haben - und theologisch doch schon jetzt den Platz dafür freihalten.
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