"Baby Boy Doe" wurde es genannt. Ein unbekanntes Neugeborenes, das im November vor 23 Jahren tot in der Mülltonne bei einer Tankstelle gefunden wurde. Damals konnte die Polizei von Lake City, einem Stadtteil von Seattle, lediglich seinen Tod feststellen, berichtet die Seattle Times. Der zuständige Rechtsmediziner ermittelte, dass das Kind lebendig geboren wurde, weshalb die Polizei die Tat als Mord einstufte. Doch die Hinweise auf eine mögliche Verdächtige waren spärlich: Eine unbekannte DNA-Spur und die Kameraaufnahme der Tankstelle, auf der eine unbekannte Frau zu sehen war.
Neben dem tragischen Fund des Kindes machte der Fall damals lokale Schlagzeilen, weil die Polizei über Medienberichte versuchte, Hinweise auf die Identität der Frau zu erlangen. Die eintreffenden Hinweise führten jedoch zu keinem Ergebnis, weshalb der Fall nach einiger Zeit eingestellt wurde. 2018 nahm die Polizei den Fall wieder auf und konnte auf Basis von neuen DNA-Datenbanken die Mutter des Jungen identifizieren. Am Dienstag, 23 Jahre nach der Tat, wurde sie in Haft genommen.
Neu entwickelte Gentechnik identifizierte die Frau
Damals war die DNA-Analyse schlicht noch nicht so weit. Doch in den letzten 20 Jahren entwickelte sich die Gentechnik, mit der auch die Polizei arbeitet, massiv weiter. So konnte die Frau mit Hilfe der genetischen Genealogie gefunden werden.
Bei der genetischen Genealogie werden DNA-Profile des menschlichen Genoms analysiert, um eine mögliche Verwandtschaft oder eine Abstammung näher bestimmen zu können. Dieses Verfahren nutzte die Polizei von Lake City und lud das bis dahin unbekannte DNA-Profil auf einer öffentlichen Genealogie-Seite hoch. So konnten Hinweise auf die Eltern und damit auf mögliche Verdächtige gefunden werden. Mehrere mögliche DNA-Treffer wurden daraufhin mit den Fotos der Kameraüberwachung von damals abgeglichen. So konnte die Polizei die Mutter des Jungen identifizieren, die damals 27 Jahre alt war.
Wie die Polizei der Seattle Times sagte, wurde damals am Tatort Blut der Plazenta gefunden. Das wurde vom forensischen Kriminallabor zwar untersucht und führte auch dazu, dass von der Mutter des toten Babys ein DNA-Profil erstellt werden konnte. Doch konnte die DNA-Probe erst jetzt mit Hilfe dieses neuen Verfahrens zugeordnet werden.
Quellen: "The Seattle Times" / Seattle Police Department