Anklage gegen Utöya-Massenmörder Breivik will nicht als unzurechnungsfähig gelten

Der Norweger Breivik hat zugegeben, 77 Menschen getötet zu haben - betrachtet sich aber nicht als schuldig. Die Staatsanwaltschaft hat ihn nun wegen Terrorismus angeklagt. Breiviks Tat sei beispiellos.

Nach monatelangen Ermittlungen hat die norwegische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den rechtsextremen Attentäter Anders Behring Breivik erhoben, der im vergangenen Sommer 77 Menschen tötete. Dem 33-Jährigen werden in der Klageschrift "Terrorakte" und "vorsätzliche Tötung" vorgeworfen, teilten die Ankläger am Mittwoch in Oslo mit. Umstritten blieb, ob Behring Breivik zurechnungsfähig und damit für die Taten verantwortlich ist oder nicht.

Die 19 Seiten lange Anklageschrift wurde dem Attentäter im Hochsicherheitsgefängnis Ila bei Oslo verlesen. Darin heißt es, dass der Rechtsextremist "extrem schwere Verbrechen begangen hat in einem Ausmaß, das unser Land in modernen Zeiten noch nicht erlebt hat".

Der Angeklagte, der nach eigenen Angaben auf einem Kreuzzug gegen eine multikulturelle Gesellschaft und die "muslimische Invasion" in Europa war, hatte am 22. Juli im Regierungsviertel von Oslo mit einer Autobombe acht Menschen getötet. Anschließend erschoss er in einem Sommerlager der regierenden Arbeiterpartei auf der Insel Utöya 69 Teilnehmer, hauptsächlich Teenager.

Höchststrafe in Norwegen liegt bei 21 Jahren Gefängnis

Die Anklagepunkte könnten auf eine Verurteilung zu 21 Jahren Gefängnis hinauslaufen, die Höchststrafe in Norwegen. Daran anschließen könnte sich eine "Verwahrung", die bei fortgesetzter Einstufung des Inhaftierten als gefährlich immer wieder verlängert werden kann. Voraussetzung für eine Gefängnisstrafe ist, dass das Gericht den Angeklagten als zurechnungsfähig einstuft.

Im November hatten allerdings zwei vom Gericht beauftragte Gutachter Behring Breivik wegen "paranoider Schizophrenie" für unzurechnungsfähig erklärt. Dies war von Opfer-Anwälten unter Hinweis auf die langfristige Vorbereitung der Gewalttaten und deren systematische Ausführung harsch kritisiert worden. Derzeit wird ein zweites Gutachten erstellt. Es soll bis zum 10. April vorliegen. Der Prozess selbst soll am 16. April beginnen.

Die Staatsanwaltschaft bereitet sich nach eigenen Angaben vom Mittwoch darauf vor, den Prozess unter der Prämisse zu führen, dass der Angeklagte unzurechnungsfähig sei. Dann solle der 33-Jährige zu lebenslanger Einweisung in eine gesicherte psychiatrische Klinik verurteilt werden. Allerdings behielt sich die Anklage ausdrücklich vor, diese Einschätzung zu revidieren, sollten vor oder während des Prozesses Dinge ans Licht kommen, die doch die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten nahelegen. Letztlich muss am Ende des Prozesses das Gericht darüber entscheiden.

Behring Breivik selbst will nach Angaben seines Anwalts nicht als unzurechnungsfähig eingestuft werden. Geir Lippestad sagte dem Fernsehsender TV2 Nyhetskanalen, sein Mandant sei "enttäuscht" über die Einschätzung der Staatsanwaltschaft. "Er hält sich für straffähig", sagte Lippestad.

DPA
kave/AFP/DPA

PRODUKTE & TIPPS