Die liberale Tageszeitung "Der Standard" aus Wien hofft auf eine besonnene Reaktion von Barack Obama: George W. Bush rief den "Krieg gegen den Terrorismus" aus, so als ob sich gegen die Saat der Angst tatsächlich Krieg führen ließe. Unter Bushs Flagge wurden Freiheits- und Bürgerrechte der Menschen in Amerika und anderswo beschnitten. Noch heute müssen wir alle an Flughäfen unsere Schuhe ausziehen, an den Trinkflaschen unserer Kinder nippen und bei der Einreise in die USA wie Schwerverbrecher Fingerabdrücke und Fotografien abgeben.
Die Sicherheit, die solche Maßnahmen vorgaukeln, gibt es nicht. Das hat Boston einmal mehr bewiesen - wer auch immer dahintersteckt. Und man muss hoffen, dass Barack Obama nach dem ersten blutigen Bombenattentat auf amerikanischem Boden nach beinahe zwölf Jahren besonnen bleibt."
Der schweizer "Tages-Anzeiger“ weist auf die Gefahr hin, die von gewaltbereiten Rechtsradikalen in den USA ausgeht:
"Wenn ein Marathonlauf zum terroristischen Ziel wird, kann auch ein Einkaufszentrum oder eine Schule, ja die gesamte öffentliche Sphäre bedroht werden. Die #link;1998287;einfache Bauweise der Bomben von Boston# bedeutet überdies, dass beinahe jedermann fähig ist, mit einem potenten Sprengsatz großes Unheil anzurichten. Es braucht daher keinesfalls ausländische Terrorgruppen, um wie in Boston einen tödlichen Anschlag durchzuführen. Am rechten Rand der US-Gesellschaft, wo Eigenbrötler und politische Irrlichter seit Jahren zündeln, hat sich ein beträchtliches Gewaltpotenzial entwickelt, das sich beispielsweise in Oklahoma City oder 1996 beim Bombenanschlag auf die Olympischen Spiele in Atlanta manifestierte. Waren die 60er- und 70er-Jahre in den Vereinigten Staaten von linker Gewaltbereitschaft geprägt, so sind es nun überwiegend Rechtsradikale, die mit Gewalt drohen."
Das "Luxemburger Wort" wirft die Frage auf, ob nach dem Terroranschlag von Boston die Angst unter den Bürgern wieder wächst:
"Terroristen wollen vor allem eines: Angst und Schrecken verbreiten. Amerikas Bürger antworten darauf mit bemerkenswerter, angelsächsisch anmutender Unaufgeregtheit. Die amerikanischen Medien hauen in die gleich Kerbe, indem sie zu Besonnenheit aufrufen. In den USA lautet die erste Bürgerpflicht: "Ruhe bewahren". Dennoch haben Polizei und der US-Heimatschutz ihre Sicherheitsmaßnahmen überall im Land verstärkt. Doch auch im Ausland wird der Anschlag Folgen haben. Vor allem die Veranstalter der Marathon-Läufe in London, Moskau, Berlin und Luxemburg halten zwar an der Ausrichtung fest, verstärken aber die Sicherheitsvorkehrungen. Bleibt zu hoffen, dass Angst vor Terror nicht wieder Alltag wird."
Die Gefahr von Terroranschlägen werde niemals völlig gebannt sein, meint die niederländische Zeitung "Algemeen Dagblad":
"Obwohl es noch keine Hinweise auf die Täter von Boston gibt, macht die Ansicht von Experten Sinn, dass im Kampf gegen den internationalen Terrorismus seit den Anschlägen von New York und Washington schon viel gewonnen wurde. Die Al-Kaida und ihr Anführer Osama bin Laden sind sozusagen einen Kopf kürzer gemacht worden, und deren Untergruppen in einer Reihe von Ländern führen ein kümmerliches Dasein. (...) Doch die tragischen Geschehnisse in Boston lehren uns, dass Terrorismus sicherlich zurückgedrängt werden kann, aber nie völlig verschwinden wird. Ob es um eine Sportveranstaltung geht oder um das Staatsbegräbnis für Margaret Thatcher - wir müssen lernen mit der Gefahr eines Anschlags zu leben."
Für die "Neue Zürcher Zeitung" aus der Schweiz waren die Anschläge in Boston ein deutliches Zeichen für die Verwundbarkeit der USA:
"Zwangsläufig wird es eine Diskussion darüber geben, ob die nach 2001 eingeführten Sicherheitsvorkehrungen und Überwachungsmaßnahmen genügen oder ob das Land bei der Terrorabwehr nachlässig geworden ist. Auch stellt sich die bange Frage, ob Boston womöglich nur der Anfang einer neuartigen Kampagne von Anschlägen auf Menschenansammlungen war. Denn eines hat dieser Fall brutal vor Augen geführt: Auch wenn Amerikas Flughäfen und Regierungsgebäude heute besser geschützt sind als früher, gibt es weiterhin unzählige "weiche" Ziele, die das Land verwundbar machen. Dies lässt sich auch nicht grundlegend ändern, ohne den Aufwand ins Maßlose zu steigern und die sicherheitsbedingten Einschränkungen im öffentlichen Leben auf die Spitze zu treiben."