Am zerstörten Atomkraftwerk Fukushima will der Betreiber Tepco mit Stahlwänden eine schlimmere Verseuchung des Pazifiks verhindern. Arbeiter begannen am Samstag, die Barrieren an einem Kanal zwischen dem Meer und Reaktorblock 2 zu errichten. Tagelang war aus Block 2 eine hochgiftige Brühe unkontrolliert in den Ozean geströmt - bis das Leck nach mehreren gescheiterten Versuchen endlich gestopft werden konnte.
Doch die Sorge um den Pazifik blieb. Mit sieben Stahlplatten will der Energiekonzern Tepco nun die Meerwasser-Ansaugleitung an dem Meiler umschließen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Der Zulauf war schon vor der Katastrophe vom 11. März zwecks Wartungsarbeiten mit Stahlplatten verschlossen worden. Der Tsunami spülte sie aber weg. Auf 120 Metern plant Tepco nun zudem eine Barriere aus Schlamm. Zunächst blieb offen, ob die Sperren am Ufer oder direkt im Meer errichtet werden sollen.
Verschärfte Sicherheitsnormen
Nach neuen Stromausfällen wegen eines Nachbebens hat die japanische Atomaufsicht die Sicherheitsnormen für Kernreaktoren verschärft. Fortan müssten für jeden Reaktor mindestens zwei Notstromaggregate bereitstehen, um eine Unterbrechung des Kühlkreislaufs zu verhindern, teilte die Behörde am Samstag mit. Im Kampf gegen die Verstrahlung am AKW Fukushima 1 leitete der Betreiber Tepco weiter leicht radioaktives Wasser ins Meer. Während eines starken Nachbebens in der Nacht zum Freitag war im Atomkraftwerk Higashidori bei einem Stromausfall nur ein Generator verfügbar gewesen. Zwei weitere waren gerade in der Wartung.
Vier Reaktoren in Fukushima waren durch die Tsunami-Welle vom 11. März beschädigt worden. Dabei fielen die Kühlsysteme wegen fehlender Elektrizität aus, die Notstromaggregate funktionierten nicht, was zu einer Überhitzung der Brennstäbe und mehreren Explosionen führte. Seitdem kämpft Tepco gegen die Folgen einer nach Einschätzung von Experten vermutlich bereits eingesetzten Kernschmelze.
Am Samstag sollte in Industrieminister Banki Kaieda erstmals ein Kabinettsmitglied das Kraftwerk selbst besuchen. Voraussichtlich am Sonntag soll laut Tepco eine Mini-Drohne des US-Herstellers Honeywell das AKW überfliegen. Das einem Modellhubschrauber ähnliche Gerät soll dabei auch Bereiche im Inneren der Gebäude erkunden, die wegen der hohen Strahlung nicht zugänglich sind.
Abbau dauert mindestens ein Jahrzehnt
Nach einer Eindämmung der Strahlungsgefahr in Fukushima 1 dürfte der Abbau der beschädigten Anlagen mindestens ein Jahrzehnt dauern. Es würden zehn Jahre benötigt, "um Brennstäbe in den Behältern und verbrauchte Brennstäbe in den Abklingbecken der vier Reaktoren herauszuholen, mehrere Anlagen abzureißen und die Bodenbedingungen zu verbessern", berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo am Samstag unter Berufung auf einen Vorschlag des Reaktorherstellers Toshiba an die Regierung.
Durch die Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vor knapp einem Monat sind nach bisherigen Zählungen mindestens 12.876 Menschen gestorben, 14.865 weitere gelten als vermisst und sind wahrscheinlich tot. Die Überlebenden sollen von der Regierung nun zunächst eine Summe von 350.000 Yen (2800 Euro) für jedes verstorbene oder vermisste Familienmitglied als Soforthilfe bekommen. Bei den Aufräumarbeiten finden Rettungskräfte und zurückgekehrte Überlebende inzwischen praktisch täglich Bargeld, Tresore und Wertsachen und geben sie bei den Behörden ab, wie ein Sprecher der Polizei in der Präfektur Miyagi am Samstag sagte. Es sei schwierig, den Gesamtbetrag zu schätzen, allein an Bargeld wurden laut der Nachrichtenagentur Kyodo aber inzwischen mehrere dutzend Millionen Yen (mehrere hunderttausend Euro) den Behörden in den Präfekturen Miyagi und Iwate übergeben.