1,3 Millionen Tonnen radioaktiv belastetes Wasser könnte der japanische Kernkraftwerkbetreiber Tepco schon im August in den Pazifik ablassen. Denn die Wasserspeicher rund um das Fukushima sind so gut wie voll (mehr dazu lesen Sie hier). Obwohl die Entscheidung vor wenigen Wochen von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) abgesegnet wurde, drohen Handelspartner mit Konsequenzen. Erneuter Auslöser für die Kontroverse ist ein Fisch, ein Schwarzer Steinfisch.
Der britische "Guardian" berichtet, dass der bereits im Mai gefangene Fisch aus der Region rund um das Kraftwerk nun untersucht wurde. Nach Angaben von Tepco (Tokyo Electric Power Company) wies dieser eine Cäsium-137-Konzentration von 18.000 Becquerel pro Kilogramm auf. Der gesetzliche Grenzwert liegt in Japan bei 100 Becquerel pro Kilogramm, es handelt sich also um die 180fache-Belastung. Cäsium-137 ist ein radioaktives Material, das bei der Kernspaltung von Uran entsteht.
Fisch mit 180-facher Belastung bei Fukushima gefunden
Der Schwarze Steinfisch ist nicht das erste belastete Exemplar. Zwischen Mai 2022 und Mai 2023 wurden insgesamt 44 Fische mit einer erhöhten Cäsium-137-Belastung gefunden, bestätigte Tepco gegenüber dem "Guardian". 90 Prozent wurden allerdings innerhalb oder in der Nähe des inneren Wellenbrechers des Kraftwerks gefunden. Im Januar 2016, knapp fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe, wurden Netze installiert, damit möglicherweise kontaminierte Fische nicht in das offene Meer schwimmen können. Das scheint beim Großteil der Fälle auch zu gelingen.
Trotzdem fürchten Handelspartner des Landes sich vor möglicherweise belasteten Fischen. Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und von seinen Exporten abhängig. Es exportiert fast ein Viertel seiner Agrarexporte nach Hongkong (23,3 Prozent), danach folgen China mit 14,8 Prozent und die USA mit 13 Prozent. Etwa ein Drittel davon sind Fischereiprodukte, so das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in einem Bericht von 2019.
China und Hongkong drohen Japan mit Konsequenzen
Nun testet China seit dieser Woche flächendeckend japanische Meeresfrüchte auf Radioaktivität. Einige Großhändler stellten deshalb den Handel mit japanischen Produkten ganz ein. Hongkong drohte, die Einfuhr von Lebensmitteln aus zehn japanischen Präfekturen zu verbieten, wenn die Wasserfreisetzung wie geplant erfolgt. Und Südkorea importiert bereits keine Lebensmittel und Meeresfrüchte mehr aus der Fukushima-Region.
Insbesondere mit Blick auf China kritisierte der japanische Premierminister vergangene Woche diese Entscheidungen bei einer Reise in Katar. Seine Regierung werde "auf eine Diskussion auf der Grundlage wissenschaftlicher Beweise drängen", bezüglich des Wassers in Fukushima.
Die postapokalyptische Welt von Fukushima

Die IAEA selbst gab Japan in einem Bericht recht. Die Entscheidung würde mit "internationalen Sicherheitsstandards übereinstimmen", schrieb der Generaldirektor Rafael Grossi in einem Vorwort. "Darüber hinaus stellt die IAEA fest, dass die kontrollierte, schrittweise Ableitung des behandelten Wassers ins Meer, wie sie derzeit von Tepco geplant und bewertet wird, vernachlässigbare radiologische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben würde".
Auch das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz stimmt dem zu und resümiert auf seiner Website: "Aus radiologischer Sicht ist eine solche Einleitung des gereinigten Abwassers unbedenklich, wenn sie über einen längeren Zeitraum von mindestens 10 Jahren verteilt erfolgt." Das entspricht den Plänen, die Tepco vorstellte. Auch der Fisch ist wohl eine Ausnahme: "Heute sind fast keine Nahrungsmittel in Japan mehr radioaktiv belastet; und auch der Verzehr von in der Präfektur Fukushima erzeugten Nahrungsmitteln trägt heute nur noch vernachlässigbar zu zusätzlicher Strahlenbelastung bei."
Quellen: Tepco, "Guardian", Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, IAEA, Bundesamt für Strahlenschutz