Chodorkowski hält bewegende Rede "Mein Glaube ist mehr wert als das Leben"

Michail Chodorkowski (47) will notfalls bis zum Tod im Gefängnis um Gerechtigkeit in seinem Justizverfahren kämpfen. Der inhaftierte Kremlgegner und Öl-Milliardär habe keine Angst zu sterben.

Der inhaftierte Kremlgegner und Öl-Milliardär Michail Chodorkowski (47) will notfalls bis zum Tod im Gefängnis um Gerechtigkeit in seinem Justizverfahren kämpfen. Er habe keine Angst zu sterben, sagte der seit 2003 inhaftierte Chodorkowski am Dienstag in seinem Schlusswort vor einem Moskauer Gericht. "Mein Glaube ist mehr wert als das Leben", betonte er in der ergreifenden Rede. In dem international umstrittenen Verfahren wegen Unterschlagung von 218 Millionen Tonnen Öl will das Gericht am 15. Dezember das Urteil verkünden. Der Prozess steht in der Kritik, politisch gesteuert zu sein.

"Auch wenn niemand glaubt, dass vor einem Moskauer Gericht ein Freispruch möglich ist, so will ich dennoch darauf hoffen. Hoffnung ist das Wichtigste im Leben", sagte Chodorkowski. Die Staatsanwaltschaft hatte eine neue Gefängnisstrafe für den Inhaftierten gefordert. Damit käme der frühere Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos erst 2017 auf freien Fuß.

Die Verteidigung hat Freispruch beantragt, weil sie die Anklage für eine politische Inszenierung und freie Erfindung hält. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte am Montag in Moskau "sehr ernsthafte Besorgnis" über das Verfahren geäußert.

Chodorkowski ist einer der schärfsten Kritiker von Regierungschef Wladimir Putin, der den Vorwurf einer politischen Steuerung des Verfahrens stets zurückgewiesen hat. Allerdings hatte Putin das frühere Yukos-Management zuletzt wiederholt mit Auftragsmorden in Verbindung gebracht. An deren Händen klebe Blut, hatte Putin gesagt. Chodorkowski hatte stets geäußert, dass er wohl im Gefängnis bleiben müsse, solange Putin an der Macht ist.

Seinen eigenen Fall bezeichnete Chodorkowski als "Symbol für Justizwillkür" in Russland. Er appellierte an Richter Viktor Danilkin, unter den Augen der Weltöffentlichkeit "unabhängig und mutig" einen Freispruch zu verkünden. Nur so könnten die Menschen in Russland hoffen, eines Tages in Freiheit zu leben und der Justiz des Landes zu vertrauen. Im Gerichtssaal spendeten Zuhörer Chodorkowski starken Applaus und forderten seine Freilassung.

Der frühere russische Regierungschef Michail Kasjanow lobte nach Angaben der Agentur Interfax den Kremlgegner dafür, dass er sich trotz der Jahre im Gefängnis nicht habe brechen lassen von den Machthabern. Russland drohe bei einer Verurteilung des Regierungsgegners erneut ein internationaler Ansehensverlust.

DPA
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