Der vergangene Samstag fing bei der Familie von Andre Anchondo an wie schon so viele Samstage davor. Zusammen mit seiner Frau und seinem zwei Monate alten Sohn brachte der 24-Jährige erst seine ältere Tochter zum Cheerleading-Training und fuhr anschließend in den lokalen Walmart, um Besorgungen zu machen. Das Paar kaufte Schulsachen und Steaks. Am Abend wollte die Familie nicht nur den fünften Geburtstag des kleinen Mädchens feiern, sondern auch den Hochzeitstag der Anchondos. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.
Ein 21-jähriger Mann eröffnete in dem Supermarkt das Feuer und richtete ein Blutbad an. Andre Anchondo und seine Frau starben in dem Kugelhagel - zusammen mit 20 anderen Menschen. Wenige Stunden später erfuhr Gilbert Anchondo, dass sein Sohn tot ist. "Sie sagten mir, dass Andre nicht mehr unter uns ist", erzählte er im Gespräch mit der BBC. "Und dann sagten sie mir, dass ich bei seiner Erziehung gute Arbeit geleistet hätte, weil er seine Familie beschützt hat. Er warf sich zwischen die Kugeln und seine Frau und sein Kind."
Es mache ihn stolz, dass sein Sohn unter diesen Umständen gestorben ist, fügte Gilbert hinzu. "Aber ich bin traurig und wütend über das, was passiert ist. Es gibt keine Worte, die die Gefühle beschreiben könnten, die wir fühlen."
Dennoch sagte er, dass er dem Schützen seine Tat verzeiht. "Ich vergebe ihm, weil er von Sinnen war. Er hatte den Teufel in sich. Ich bin sehr gläubig und ich vergebe, was er getan hat", so Gilbert.
Angehörige glauben nicht an eine rassistisch motivierte Tat
Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen laut der Polizei die letzten Momente im Leben von Andre und seiner Frau. "Er hat tatsächlich versucht, den Schützen aufzuhalten", berichtete Andres Bruder Tito der BBC. "Er stürzte sich nach vorne, um die Waffe zu ergreifen. Dann wurden er und seine Frau jedoch erschossen. Ich bin sehr stolz auf meinen Bruder. Er starb als Held." Noch kennt Tito den Inhalt des Videos nur durch die Erzählung der Polizisten. Aber er will es sich unbedingt selbst ansehen. Er wisse, dass es schwierig werden wird. "Aber ich muss die letzten Momente im Leben meines Bruders sehen."
"Mein Bruder ist für seine Familie gestorben, aber die Leute machen etwas Politisches daraus", beklagte Tito. Die Debatte sollte sich seiner Meinung nach nicht um Rassismus oder Einwanderung drehen, sondern um psychische Erkrankungen. "So eine Schießerei würde niemand veranstalten, der bei Verstand ist." Dass der Schütze die hispanische Gemeinde im Visier hatte, glaubt Tito nicht. Sonst hätte er ja nicht seine Schwägerin, eine Amerikanerin mit blonden Haaren und blauen Augen erschossen, argumentiert der junge Mann. Der Täter hatte aber vor der Tat in einer Art Pamphlet geschrieben: "Dieser Angriff ist eine Antwort auf die hispanische Invasion in Texas."
Vater und Bruder des Opfers bekundeten außerdem, dass sie den Äußerungen von Donald Trump zu der Schießerei beipflichten und seine Unterstützung für ihre Stadt sehr schätzen. Trump hatte nach den Angriffen von El Paso und Dayton deutlich Rassismus und die Ideologie weißer Vorherrschaft verurteilt. Allerdings hat der Präsident selbst immer wieder Stimmung gegen Einwanderer aus Mexiko und Zentralamerika gemacht.
Quelle: "BBC"