Pressekonferenz zu Kusel Tatverdächtige wollten wohl Wilderei vertuschen – beide Opfer erlitten Kopfschüsse

Einen Tag, nachdem eine Polizistin und ein Polizist nahe Kusel erschossen wurden, nennen die Ermittler Details zur Tat und den Verdächtigen. Der genaue Tatablauf ist noch nicht rekonstruiert, doch es gibt viele Indizien.

Einen Tag nach der Tötung von zwei Polizisten in Rheinland-Pfalz haben sich die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, das saarländische Landespolizeipräsidium sowie die Polizei Westpfalz zum Stand der Ermittlungen geäußert.

Demnach werde aktuell davon ausgegangen, dass die mutmaßlichen Täter eine vorherige Wilderei verdecken wollten. Gegen die beiden 32 und 38 Jahre alten Verdächtigen erging Haftbefehl wegen Mordes, sie sind in Untersuchungshaft, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag auf einer Pressekonferenz mitteilten.

Verdächtige in Haft: Tödliche Schüsse auf Polizisten: Haftrichter geht von gemeinschaftlichem Mord aus
© Uwe Anspach / DPA
Tödliche Schüsse auf Polizisten: Haftrichter geht von gemeinschaftlichem Mord aus

Am frühen Montagmorgen waren eine 24 Jahre alte Polizistin und ihr 29 Jahre alter Kollege im Landkreis Kusel bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Die Tatverdächtigen waren zunächst auf der Flucht, konnten am Montag jedoch festgenommen werden.

Erste Details zu Tathergang und Festnahme

Vize-Polizeipräsident Heiner Schmolzi berichtete, dass die Streife zur Aufgabe hatte, Einbrüche aufzuklären. Über Funk hätte die Einsatzzentrale noch Schüsse gehört, die Kollegen hätten aber die Polizeianwärterin nur noch tot vor dem Einsatzwagen, den Oberkommissar schwer verletzt hinter dem Wagen gefunden. Am Tatort hätten ein Personalausweis und ein Führerschein des später Festgenommenen gelegen.

Melanie Morbach vom Landespolizeipräsidium Saarland sagt, der Tatverdächtige sei festgenommen worden, als er gegen 17 Uhr ein Wohnhaus in Sulzbach verlassen hat. Im Haus sei ein zweiter Tatverdächtiger widerstandslos festgenommen worden. Die Ermittler widersprechen ausdrücklich der Darstellung, dass sich einer der Tatverdächtigen über seine Anwältin gestellt habe.

Haftbefehle gegen Tatverdächtige, beide sollen geschossen haben

Oberstaatsanwalt Stefan Orthen bestätigte entsprechende Berichte, dass gegen beide Tatverdächtigen Haftbefehle erlassen wurden und sie sich nun in Untersuchungshaft befinden. Im Kastenwagen der beiden habe eine große Anzahl Wildtiere gelegen. Die beiden Tatwaffen sollen eine Schrotflinte und ein Jagdgewehr sein. "Wir gehen davon aus, dass zwei Waffen verwendet wurden und dass jeder der beiden geschossen hat", sagte Orthen.

Die Polizeianwärterin sei durch einen Kopfschuss mit der Schrotflinte gestorben, der Polizist sei vier mal getroffen worden. Orthen gehe davon aus, dass die beiden Tatverdächtigen geschossen haben, um ihre Wilderei zu vertuschen. Es deute einiges daraufhin, dass die beiden Verdächtigen die Wilderei gewerbsmäßig betrieben hätten. Sollten sich alle Vorwürfe aus dem Haftbefehl in einem Gerichtsverfahren bestätigen, droht den Tatverdächtigen lebenslange Haft.

Auf Journalistenfragen antworteten die Ermittler, dass der 38-Jährige schon wegen Unfallflucht und Wilderei aktenkundig sei. Woher die Waffen stammen, werde momentan noch ermittelt. Laut Ermittlern gebe es keine Bodycam-Aufnahmen der Tat. Die Polizeianwärterin sei kurz vor Ende ihrer Ausbildung gewesen. Es sei durchaus üblich, dass Auszubildende dann schon als vollwertige Kollegen eingesetzt werden, erklärten die Ermittler.

Die Verdächtigen seien nicht miteinander verwandt. Der 38-Jährige verweigere die Aussage, der 32-Jährige habe die Wilderei gestanden, würde aber bestreiten, selbst auf die Polizeibeamten geschossen zu haben. Die Polizeianwärterin habe wohl eine Taschenlampe und die Papiere in der Hand gehabt und sei arglos gewesen. Der Polizist habe sein Magazin noch leergeschossen. Der genaue Tathergang sei aber noch nicht rekonstruiert.

Die Polizei habe keine Erkenntnisse über Bezüge der beiden Tatverdächtigen zur Reichsbürgerszene. Inzwischen gehe die Polizei – anders als zunächst angenommen – davon aus, dass es nur zwei Täter gibt. Durch ein Auto mit möglichen Einschusslöchern sei die Polizei auf den in unmittelbarer Nähe wohnenden zweiten Tatverdächtigen aufmerksam geworden. Die Tatverdächtigen selbst hätten allerdings keine Schussverletzungen erlitten. Beide seien nicht vorbestraft, es gebe aber laufende Ermittlungsverfahren.

Waffenarsenal bei Tatverdächtigen gefunden

Nach Angaben der Ermittler wurde bei den Tatverdächtigen ein großes Waffenarsenal sichergestellt. Wie am Dienstag aus Sicherheitskreisen verlautete, fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchung im saarländischen Spiesen-Elversberg fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn weitere Langwaffen, eine Armbrust sowie einen Schalldämpfer und Munition. Die Ermittler gehen demnach davon aus, dass der festgenommene 38-jährige Tatverdächtige Zugang zu den Waffen hatte. Im Haus des zweiten Tatverdächtigen seien zwei Langwaffen entdeckt worden, hieß es. Der 32-Jährige habe seine Bereitschaft erklärt, auszusagen.

Tödliche Schüsse auf Polizisten: Zwei Tatverdächtige werden im Saarland gefasst
Zwei Tatverdächtige werden im Saarland gefasst

Jagdverband entsetzt wegen erschossener Polizisten

Der Deutsche Jagdverband erklärte, der 38-Jährige sei nicht im Besitz eines gültigen Jagdscheins gewesen. Nach derzeitigem Kenntnisstand habe die zuständige Behörde im Saarland seinen Antrag, erneut einen Jagdschein zu lösen, wegen fehlender Zuverlässigkeit abgelehnt. Der Verband zeigte sich entsetzt über den "kaltblütigen Polizistenmord" und forderte die Behörden auf, rasch zu klären, woher die Tatwaffen stammen und wie sie in den Besitz des Tatverdächtigen gelangen konnten.

Bislang zwei Tatverdächtige im Fall Kusel

Es handelt sich bei den Verdächtigen um zwei 32 und 38 Jahre alte Männer, die ersten Erkenntnissen zufolge befreundet seien, sagte ein Sprecher des Landespolizeipräsidiums Saarland am Abend. Beide stünden unter dem Verdacht, an dem Tötungsdelikt beteiligt gewesen zu sein. Zu möglichen Motiven wollte sich die Polizei zunächst nicht äußern.

Bei einem der Festgenommenen handelt es sich um Andreas Johannes S. aus dem saarländischen Spiesen-Elversberg, der als erster zur Fahndung ausgeschrieben worden war. Der Flüchtige wurde am Montagabend in Sulzbach in der Nähe seines Wohnorts festgenommen. Im Zuge der Durchsuchung mehrerer Objekte habe dann ein weiterer 32-jähriger Tatverdächtiger widerstandslos festgenommen werden können. Die Tat löste bundesweit großes Entsetzen aus.

fs / mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP

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