Die Bremer Bürgerschaft hat nach einstimmigem Beschluss einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der den Fall Kevin aufklären soll. Die sechs Mitglieder sollen unter Vorsitz der CDU das Versagen der zuständigen Behörden aufarbeiten. Außerdem wählte das Landesparlament am Donnerstag mit den Stimmen der großen Koalition Ingelore Rosenkötter von der SPD zur neuen Sozialsenatorin. Die bisherige Landesgeschäftsführerin des Roten Kreuzes folgt auf Karin Röpke, die wegen des Kevin-Skandals zurückgetreten war.
Neue Sozialsenatorin verspricht Verbesserungen
Der Tod Kevins sei ein tragischer Fall, von dem hoffentlich viele aufgerüttelt würden und der nicht wieder passieren dürfe, sagte die neue Sozialsenatorin im Bayerischen Rundfunk. Zugleich versprach sie mehr staatliches Engagement bei der Betreuung von Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen: "Wir wollen und werden dafür Sorge tragen, dass alle hier auch von uns Betreuten in den nächsten Wochen mindestens zwei Mal pro Woche von Fachpersonal gesehen werden." Es sei deutlich geworden, dass bei Maßnahmen des Staates das Wohl des Kindes eindeutig im Mittelpunkt stehen müsse.
CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau sagte, es könne nicht sein, dass "eine Fülle von Hinweisen" auf die Gefährdung des später tot aufgefundenen zweijährigen Jungen missachtet wurden. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) nannte den Fall ein "unverzeihliches Versagen" des Staates und sagte dem Untersuchungsausschuss die Unterstützung des Senats zu. "Vater Staat war hier wirklich Vater. Kevin musste vor seinen Eltern geschützt werden, und in dieser Aufgabe haben wir versagt", sagte der SPD-Bürgermeister mit Blick auf die Amtsvormundschaft des Jugendamtes für den Jungen.
Heftige Kritik an Sozialarbeiter
Nachdem der Zweijährige tot im Kühlschrank seines drogenabhängigen Ziehvaters gefunden worden war, hatte zunächst das Justizressort eine Dokumentation des Falls vorgelegt. Darin ist von gravierenden Verstößen gegen Vorschriften die Rede; der verantwortliche Sozialarbeiter im Jugendamt hatte sich mehr um das Wohl der drogensüchtigen Eltern gekümmert als um das des Kindes. Selbst als die Behörden von der mangelhaften Versorgung Kevins erfahren hatten, ließen sie ihn bei den Eltern.
Sprecher aller Fraktionen äußerten Unverständnis für die Beweggründe des für Kevin zuständigen Sozialarbeiters. Dieser hatte laut Untersuchungsbericht massiv darauf gedrängt, Kevin bei den Eltern zu lassen. Er habe in seinen Berichten nicht die Wahrheit über die Situation gesagt und "eine Aktenwirklichkeit geschaffen", in der Kevin geholfen worden sei, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert. CDU-Fraktionschef Perschau sprach von ungewöhnlicher "Dickfelligkeit und ungewöhnlicher Selbstgerechtigkeit im Abweisen".