Wegen des Foltermordes an einem Mithäftling im Siegburger Jugendgefängnis hat das Landgericht Bonn die geständigen Täter zu hohen Haftsrafen verurteilt.Es verurteilte den 20-jährigen Pascal I. zu 15 Jahren Haft und den 21 Jahre alten Ralf A. zu 14 Jahren jeweils nach Erwachsenenstrafrecht. Der 17-jährige Danny K., den das Gericht als Initiator des Verbrechens bezeichnete, erhielt die nach Jugendstrafrecht höchstmögliche Haftstrafe von zehn Jahren. Den Haupttäter Pascal I. hatte die Staatsanwaltschaft als "eiskalt und selbst nach der Tat noch taktierend" beschrieben.
Die Angeklagten hatten zu Beginn des Prozesses am 1. August gestanden, im November 2006 einen 20-jährigen Zellengenossen zwölf Stunden lang schwer misshandelt, gedemütigt, vergewaltigt und zum Selbstmord gezwungen zu haben. Die Angeklagten hatten geplant, den Tod als Selbstmord darzustellen, um anschließend wegen angeblicher psychischer Belastung Hafterleichterungen oder eine frühere Entlassung zu erreichen.
Staatsanwaltschaft prüft Revision
Die Staatsanwaltschaft hatte für Pascal I. eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert, womit eine vorzeitige Freilassung nach 15 Jahren ausgeschlossen wäre. Sie will prüfen, ob sie Revision gegen das mildere Urteil einlegt. Der Vorsitzende Richter Volker Kunkel begründete die 15-jährige Gefängnisstrafe damit, dass bei dem 20-Jährigen noch Hoffnung auf Besserung bestehe. Der Verteidiger hatte die Anwendung von Jugendstrafrecht und im Fall einer Beurteilung als Erwachsener 13 Jahre Haft beantragt. Für Ralf A. hatte die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft und für Danny K. zehn Jahre Jugendstrafe gefordert. Die Verteidiger hatten auf mildere Haftstrafen plädiert.
Verurteilt wurden die Täter wegen Mordes, gefährlicher Körperverletzung, Vergewaltigung beziehungsweise sexuelle Nötigung. Das Gericht stellte drei Mordmerkmale fest: Grausamkeit, Verdeckung einer Straftat und niedrige Beweggründe. Der Vorsitzende Richter sagte, die Situation in der Zelle habe die Tat begünstigt. Das Zusammensperren von vier Männern habe erheblichen Stress ausgelöst. Die drei Häftlinge hätten ihre Aggressionen auf das Opfer projiziert.
Fünf Versuche, den Misshandelten zu erhängen
Die drei Häftlinge schlugen den 20-Jährigen stundenlang mit Händen, Fäusten und Schlagwerkzeugen, vergewaltigten ihn mehrmals und zwangen ihn unter anderem, Wasser mit scharfem Pulver zu trinken und eine Tube Zahnpasta sowie auch sein Erbrochenes zu essen. Zudem musste er zwei Abschiedsbriefe schreiben, die die Täter später vernichteten. Die Täter versuchten fünf Mal, den Misshandelten zu erhängen. Schließlich zwangen sie ihn, sich mit Bettlakenstreifen aufzuhängen. Der Verletzte hatte vergeblich versucht, mit Schreien und Drücken des Alarmknopfs auf sich aufmerksam zu machen.
Das Gefängnispersonal hatte die Vorgänge in der Zelle nach eigenen Angaben nicht bemerkt, obwohl die Wärter mehrere Male in der Zelle nachschauten, unter anderem weil sich andere Häftlinge über Lärm beschwert hatten. Die Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Leiter der Justizvollzugsanstalt Siegburg und vier Justizvollzugsbeamte wurden eingestellt, weil die Staatsanwaltschaft keine strafrechtlich relevante Dienstverletzungen feststellte.
Gefängnisleiter versetzt
Der Gefängnisleiter und sein Stellvertreter wurden aber versetzt. Gegen sie laufen Disziplinarverfahren. Der Düsseldorfer Landtag setzte einen Untersuchungsausschuss ein und Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter eine Expertenkommission. Als Ursache für exzessive Gewaltausbrüche sieht diese vor allem die fast durchgehende Überbelegung der Gefängnisse mit Notgemeinschaften an.
Der Fall hatte wegen seiner Brutalität bundesweit für Entsetzen gesorgt und eine politische Debatte über den Zustand in deutschen Gefängnissen ausgelöst.