US-Präsident George W. Bush kam mit versteinerter Miene. Redner rangen sichtlich um ihre Fassung und viele Studenten ließen ihren Tränen hemmungslos freien Lauf. In einer bewegenden Trauerfeier haben Bush, führende Politiker des Bundesstaates Virginia und bis zu 30.000 Studenten und Lehrkräfte am Dienstag Abschied von den Opfern des bislang blutigsten Amoklaufes in der Geschichte der USA genommen.
Der 23 Jahre alte Englisch-Student Cho Seung-Hi aus Südkorea hatte am Montag in der Technischen Universität von Blacksburg (Virginia) 32 Menschen erschossen und sich dann selbst getötet.
Er und Ehefrau Laura seien mit Herzen voller Trauer gekommen, sagte Bush. "Es ist ein Trauertag für unsere gesamte Nation." Es sei unmöglich, einen Sinn in einer solchen Gewalt und eines solchen Leidens zu sehen, sagte der Präsident. Die Opfer seien einfach am falschen Platz zur falschen Zeit gewesen. Die Gedenkfeier verlief so emotional, dass ein hinter Bush sitzender junger Mann in sich zusammenbrach und zur Behandlung weggebracht werden musste.
"Worte können die Trauer nicht ausdrücken"
Die mehr als einstündige Trauerfeier begann mit einem Ehrenzug mit fünf Flaggenträgern und der Nationalhymne. "Worte können die tiefe Trauer überhaupt nicht ausdrücken", sagte Universitätspräsident Charles Steger. Er bedankte sich für die weltweiten Sympathien und die Solidarität, die alle in Blacksburg tief berührt hätten.
Die Trauerfeier fand im "Cassell Coliseum", der Sporthalle auf dem Campus statt. Dort feuern sonst bis zu 10.000 Zuschauer die Hookies, die einheimische Basketball-Mannschaft, an. Für jene, die keinen Platz in der Halle fanden, wurden außerhalb Großbildschirme aufgebaut. Mehr als 27 000 Studenten haben sich an der Universität eingeschrieben. Dazu kommen noch rund 10.000 Professoren, Dozenten und Mitarbeiter.
Präsidentenbesuch eher ungewöhnlich
Es ist eher unüblich, dass ein US-Präsident schon einen Tag nach einem Unglück an einer Gedenkfeier teilnimmt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind in der Regel so gewaltig, dass sie ablenken oder als störend empfunden werden könnten. Bush wollte sich aber unter keinen Umständen die Teilnahme an der Gedenkfeier für die Opfer des bislang blutigsten Amoklaufes nehmen lassen.
Zurzeit sei es noch unvorstellbar, dass ein Tag komme, an dem das Leben an der Technischen Universität wieder normal sein werde, sagte Bush. "Aber der Tag wird kommen." Und zum Abschluss der Trauerfeier ließen die Studenten mit Tränen in den Augen und voller Trotz und Wut den Schlachtruf für ihre Mannschaft erklingen: "Let's go Hookies".