Germany's most wanted Bis die Handschellen klicken

  • von Tim Farin
Sie haben Geldtransporter überfallen, Morde begangen oder werden noch wegen Verbrechen im Dritten Reich gesucht: die meistgesuchten Verbrecher Deutschlands. stern.de porträtiert in der Serie "Germany's most wanted" Kriminelle von der Fahndungsliste des Bundeskriminalamts.

Wie prominent der unrasierte junge Mann war, der an diesem Apriltag im Interregio 3087 von Nürnberg nach Dresden saß, realisierten die anderen Passagiere frühestens am nächsten Tag beim Aufblättern der Zeitung. Als die Handschellen klickten und Sven Kittelmann ganz ruhig mit den Ermittlern ausstieg, deutete für die Umwelt wenig darauf hin, dass es sich hier um eine der meistgesuchten Personen Deutschlands handelte.

Doch der Schleierfahnder, der im Zug nur eine routinemäßige Personenkontrolle geplant hatte, war spätestens nach dem Abgleich mit den Registern um einen dicken Fang reicher: Ihm war soeben jener Kriminelle ins Netz gegangen, der 457 Tage davor auf der A8 beim bayerischen Sulzemoos seinen Kollegen im Geldtransporter hinters Licht geführt hatte. Um seinen Beifahrer zum Aussteigen zu bewegen, hatte er behauptet, nur kurz ein ungestörtes Telefonat im Panzerwagen führen zu wollen. Der Kollege hatte Verständnis, stieg aus - und Kittelmann raste mit 3,6 Millionen Euro Beute davon. Mit einem Mietwagen setzte sich Kittelmann ab, die französische Polizei fand das Auto im April 2007 an einer Fährstation in Marseille. Der Gesuchte hatte nach Algerien flüchten wollen, doch er hatte kein Visum. Kittelmann reiste weiter nach Spanien, seine Spur verlor sich. Heute weiß man, dass er über die Dominikanische Republik zurück nach Spanien kam und zuletzt in Tschechien lebte. Wo das Geld ist, weiß indes noch niemand - und er verrät es nicht.

Die begehrtesten Kriminellen Deutschlands

Kittelmann gehörte zu den begehrtesten Kriminellen Deutschlands. Sein Konterfei fand sich nicht nur an öffentlichen Aushängen, sondern prangte ganz oben auf der Fahndungsliste der meistgesuchten Personen des Landes, die das Bundeskriminalamt im Internet nach Vorbild des amerikanischen FBI präsentiert. Inzwischen ist sein Name entfernt, aber noch immer finden sich 14 Einträge in dieser "Most Wanted"-Kategorie.

Die Liste des BKA ist ein Sammelsurium der Kriminalgeschichte und soll dazu beitragen, den lokalen Fahndern zu Tipps aus der ganzen Republik zu verhelfen. In dem Register finden sich die mutmaßlichen libyschen Attentäter des Bombenanschlags auf die Berliner Diskothek "La Belle" genauso wie der verschollene Nazi-Arzt Aribert Heim, der im österreichischen KZ Mauthausen viele Menschen mit Injektionen ins Herz tötete. Natürlich darf der finanzielle Anreiz nicht fehlen, wenn sich der Bürger auf die Schliche der Mörder, Diebe und Triebtäter wagt. Bis zu 130.000 Euro bringen Hinweise, die - wie es im Aktenzeichen XY-Jargon heißt - zur Ergreifung des gesuchten Nazi-Täters führen. Auf den mutmaßlichen Pizzeria-Mörder von Duisburg, Giovanni Strangio, sind 10.000 Euro Kopfgeld ausgelobt.

Die Suche hört niemals auf

Die Liste der Meistgesuchten bietet den Landeskriminalämtern eine gemeinsame Plattform. Nach den Tätern selbst fahndet immer weiter die örtliche Polizeikommission, manchmal unterstützt durch Bundesbehörden. Eine pingelige Arbeit, die eine lange Zeit braucht und oft nicht einmal Erfolgserlebnisse einbringt. Dennoch hört die Suche niemals auf, bis die Kriminellen in Haft sind.

stern.de hat sich die BKA-Liste angeschaut und porträtiert in einer Serie eine Auswahl von "Germany's Most Wanted".

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