Stacey O'Donnell ahnte nicht, in welcher Gefahr ihr Sohn Tai schwebte, als er sich von ihr verabschiedete und sagte: "Du verstehst nicht, womit ich es zu tun habe." Am nächsten Tag, dem 3. März 2021, war der 19-Jährige tot. Erstochen von seiner Freundin. Vier Mal stieß ihm die Frau ein Messer in den Rücken. Eine Frau, die so klein ist, dass ihre Füße nicht auf den Boden reichten, als sie später vor einem englischen Gericht Platz nehmen musste.
Im Prozess versuchte Kamila Ahmad, sich als Opfer darzustellen. Das misslang, weil sie schon einen früheren Freund misshandelt hatte. Der hatte immer dazu geschwiegen, dass Kamila Ahmad drei Mal auf ihn eingestochen hatte. Wegen eines lächerlichen Streits um die Fernbedienung. Erst beim Prozess wegen des Mordes an Tai O'Donnell meldete er sich.
Die Mutter Stacey O'Donnell sagte der Londoner "Times", dass es ihrem Sohn peinlich war zu sagen, dass er von seiner Freundin geschlagen wurde. "Ich habe seine Anspannung gesehen. Aber ich habe gedacht, dass es sich nur um eine durchschnittliche, toxische Beziehung handelt. Dabei war daran nichts Durchschnittliches. Es war schwerer Missbrauch. Mein Sohn wollte nicht sterben."
Das "Böse" Mädchen
Tai galt als freundlicher, netter Junge, dem eine große Zukunft als Musikproduzent bevorstand. Er war offen und selbstbewusst. Kamila Ahmad hingegen hatte den Ruf, ein "böses Mädchen" zu sein, sagte Stacey O'Donnell dem Blatt. Das Mädchen hatte eine "besonders schwierige" Kindheit und Jugend gehabt, das erkannte auch ihr Richter. Sie musste miterleben, wie ihre Mutter von ihrem Vater "missbraucht und schwer verletzt" wurde. Als sie Tai kennenlernte, war sie 21, da hatte sie bereits 11 Verurteilungen wegen 17 Straftaten angesammelt. Aufgrund von Körperverletzung, Waffenbesitz und Raub wurde sie zu vier Jahren Haft in einer Jugendstrafanstalt verurteilt, war aber auf freiem Fuß.
In der Beziehung war Kamila Ahmad schnell bestimmend und dominant, sagte Stacey O'Donnell. Sie kontrollierte, welche Freunde Tai sehen durfte und wann er nach Hause kommen musste. Sie trommelte nachts gegen seine Tür, das Fenster warf sie mit einem Ziegelstein ein. Eines Tages entdeckte die Mutter Bissspuren am Hals ihres Sohnes. Die wahre Dramatik erkannte sie nicht. "Tai war kein schüchterner, kleiner Junge", so Stacey. "Er hatte einen starken Geist. Niemals hätte ich gedacht, dass er in eine solche Situation geraten würde."
Toxische Beziehung
Doch für den Jungen war die Situation aussichtslos. Wollte er sich trennen, bedrohte Ahmad ihn. "Ich schwöre, dass ich eines Tages auf dich einstechen werde", soll Kamilia Ahmad gesagt haben. Oder sie erpresste ihn mit der Ankündigung eines Selbstmordes. "Tai wurde weniger selbstbewusst, weniger motiviert und niedergeschlagen."
Die Polizei wollte Tai nicht um Hilfe bitten. "Er war ein junger, beliebter Junge, er wollte nicht als jemand gesehen werden, der von einem Mädchen terrorisiert wird. Es war ihm peinlich." Für Tais Mutter waren die Verhältnisse undurchschaubar. Auch Ahmad trug Spuren von Gewalt. Sie soll ihren eigenen Kopf gegen die Wand geschlagen haben, vielleicht wurde sie auch von ihrer Mutter misshandelt. Stacey O'Donnell drängte das Paar, sich zu trennen. Die ganze Beziehung war "vergiftet". Als sie sich ein letztes Mal von ihrem Sohn verabschiedete, sagte sie: "Baby, es bringt mich um, dich so leben zu sehen."
Später machte sie sich wegen seines Todes schwere Vorwürfe. "Wenn Sie die Verantwortung dafür tragen, jemanden zu beschützen, und Ihnen so etwas passiert, fühlen Sie sich verantwortlich“, sagte sie der "Times". "Wenn ich nur geduldiger gewesen wäre, wenn ich mir einfach mehr Zeit für ihn genommen hätte, warum habe ich ihn so jung ausziehen lassen?"
Ließ ihn verbluten und wischte danach auf
In der Todesnacht stritten sich Tai und Ahmed unentwegt, wie die Nachbarn später aussagten. Um 3.27 Uhr in der Nacht postete Ahmad auf Snapchat: "Ich habe jemanden erstochen und niemand hilft mir, hier aufzuräumen." Erst am nächsten Tag rief ein Nachbar die Polizei, die dann den verbluteten Jungen fand. Trotz seiner schweren Wunden hätte er überleben können, es dauerte eine halbe Stunde, bis er am Blutverlust starb. Seine Freundin unternahm nichts, um ihm zu helfen. Kamila Ahmad log sich erst aus der Situation heraus. Der Polizei sagte sie, sie sei die Schwester einer Nachbarin und habe mit der ganzen Sache nichts zu tun.
"Das zeigt mit erschreckender Deutlichkeit, wie hochgefährlich Sie sind”, begründete der Richter sein Urteil. "Es war Ihnen gleichgültig, dass er gestorben ist, Sie haben nicht die geringste Reue gezeigt." Die inzwischen 24-jährige Ahmad wurde zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt.