Eine Polizei-Eskorte im Morgengrauen, Stacheldraht und Metalldetektoren: Wenn der Schwerverbrecher Marc Dutroux seine Zelle verlässt, gilt in Belgien die höchste Sicherheitsstufe. Der verurteilte Mörder durfte am Montag das Gefängnis mit einem Saal im Brüsseler Justizpalast tauschen. Belgiens Krimineller Nummer eins kämpft vor Gericht für seine vorzeitige Entlassung aus der Haft.
2004 als Mörder mehrerer Mädchen zu lebenslang verurteilt, hat Dutroux niemals die Hoffnung aufgegeben, doch wieder auf freien Fuß zu kommen. Das Brüsseler Gericht will nun am 18. Februar über seinen Antrag auf elektronische Fußfessel entscheiden - erst später würden Richter über ein Leben in Freiheit befinden.
Der Mann, der laut Gerichtsurteil ein Psychopath ist, blieb der Öffentlichkeit aber verborgen. Dutroux betrat den Sitzungssaal 014 durch einen Hintereingang und verließ ihn auf demselben Weg. "Er war die Zeit anwesend, die nötig war", sagte Gerichtspräsident Luc Hennart. Polizisten in schusssicheren Westen hatten ihn am frühen Morgen aus dem 25 Kilometer entfernten Nivelles abgeholt.
1998 gelang Dutroux die Flucht
Im Justizpalast schlossen die Beamten Ausgänge und sperrten Flure mit Stacheldraht ab. Die Vorsicht ist angebracht: 1998 gelang Dutroux bei einem Gerichtstermin in Neufchâteau die Flucht, erst Stunden später spürten Fahnder ihn in einem Waldstück auf.
Vor dem Justizpalast blieb es am Montag erstaunlich ruhig. Nur wenige rechtsextremistische Demonstranten protestierten. Sie hielten Schilder hoch mit der Aufschrift: "Hängt die Pädophilen" und "Dutroux muss im Knast bleiben".
Die Affäre Dutroux erregt Belgien seit Jahrzehnten. Sechs Mädchen entführte Dutroux in den 90er Jahren, folterte und vergewaltigte sie, vier starben. Und auch heute noch bewegt sein Antrag die Gemüter. "Es ist mal wieder eine der Provokationen, die er so liebt", schrieb die Zeitung "La Libre Belgique". Und "Le Soir" meinte: "Dutroux auf freiem Fuß: Diese Idee stammt aus dem Reich der Fiktion und kollektiven Fantasie."
"Es ist mal wieder eine der Provokationen, die er so liebt"
Die Affäre Dutroux erregt Belgien seit Jahrzehnten. Sechs Mädchen entführte Dutroux in den 90er Jahren, folterte und vergewaltigte sie, vier starben. Und auch heute noch bewegt sein Antrag die Gemüter. "Es ist mal wieder eine der Provokationen, die er so liebt", schrieb die Zeitung "La Libre Belgique". Und "Le Soir" meinte: "Dutroux auf freiem Fuß: Diese Idee stammt aus dem Reich der Fiktion und kollektiven Fantasie."
In der Tat schließen Juristen eine baldige Freilassung Dutrouxs aus. Der Mann erfülle keine der notwendigen Vorbedingungen, heißt es. Denn Dutroux müsste per Gutachten belegen, dass von ihm, dem mehrfachen Mörder, keine Gefahr mehr ausgeht. Zudem müsste er einen Aufenthaltsort sowie eine Beschäftigung vorweisen.
Dass Dutroux sich wirklich geändert hat, bestreitet selbst sein Arzt Michel Matagne, der demnächst ein Buch über seinen Patienten veröffentlichen will. Matagne sagte belgischen Medien: "Dutroux hat sich seit seiner Jugend in seinem Kopf einen Kokon geschaffen mit seiner eigenen Wahrheit - und darin lebt er immer noch." Grund dafür sei, dass er von klein auf von seinen Eltern, einem Lehrerehepaar, zu wenig Liebe und Hinwendung bekommen habe.
Ex-Frau lebt in einem Kloster
Dutroux und sein Anwalt Pierre Deutsch arbeiten eifrig an einem Resozialisierungsplan, um die Auflagen für eine Freilassung zu erfüllen. "Wir haben einiges getan, um das Gericht zu überzeugen", sagte Deutsch "La libre Belgique", ohne Details zu nennen. "Ich hoffe, dass die Richter nicht unter dem Druck der Öffentlichkeit einknicken."
Nach Informationen der Tageszeitung "Le Soir" gibt es einen Mann in Antwerpen, der Dutroux aufnehmen würde. Als Vorbild dient Dutroux seine Ex-Frau Michelle Martin, die im vergangenen August nach 16 Jahren Knast freigekommen ist. Doch ihr Fall lag anders: Martin war nur seine Komplizin. Ihre Taten - sie ließ zwei Mädchen im Keller des Hauses verhungern - bedauerte sie. Zudem lebt Martin seit ihrer Freilassung in einem Kloster.
Dutroux lässt nicht locker
Bislang zeigt sich die Justiz hart: Im April 2012 bat Dutroux um Freigang für einen Tag. Die Gefängnisleitung lehnte ab. Doch der Mann, der sich dauernd über seine Haftbedingungen beschwert, lässt nicht locker. Nun will er die Freiheit mit elektronischer Fußfessel erreichen.
In der belgischen Öffentlichkeit herrscht die Gewissheit vor, dass die Regierung eine Freilassung von Marc Dutroux verhindern wird. Dazu bietet das Urteil von 2004 eine Möglichkeit: Es hatte "lebenslang" gelautet plus eine zusätzliche Sicherungsverwahrung von zehn Jahren, über die die Regierung entscheidet. Sie könnte Dutroux somit in Haft behalten, selbst wenn eine Entlassung genehmigt würde.