Ein solches Tief hatte Jörg Kachelmann in seiner rund 30-jährigen Meteorologenkarriere sicherlich noch nie erlebt. Ein Tief mit Sturm und Gewitter, so schien es. Sein persönliches Tief, das für ihn das Jahr 2010 bestimmte. Und wenn am 31.12. andernorts die Sektkorken knallen, ist ein Ende des Tiefs noch nicht in Sicht.
Dabei hatte das Jahr sonnig angefangen für den bekanntesten Wettermoderator Deutschlands. Von den Olympischen Winterspielen in Vancouver durfte der Schweizer den ARD-Zuschauern das Olympia-Wetter präsentieren und mit Skisprung-Goldmedaillengewinner Simon Ammann auf Schwyzerdütsch plaudern. Locker-flockig ging das zu, wie ein heiterer Wintertag in den Alpen. Doch ein Unwetter braute sich zusammen.
Bei seiner Heimkehr nach Deutschland am 20. März dann der Donnerschlag: Kachelmann wird am Frankfurter Flughafen festgenommen. Er soll seine frühere Geliebte vergewaltigt haben, Kachelmann bestreitet die Vorwürfe. Mehr als vier Monate sitzt er in U-Haft, am 6. September beginnt der Prozess, der wohl noch bis März 2011 geht.
Im Verlauf wird Detail um Detail von Kachelmanns Privatleben freigelegt. Sexuelle Vorlieben, die Anzahl der Geliebten werden für ein Millionenpublikum öffentlich wie eine Wetterkarte. Doch der Himmel klart deswegen nicht auf, eher scheinen all diese Einzelheiten und Intimitäten den Blick auf die wesentliche Frage zu vernebeln: Ist Kachelmann schuldig oder nicht?
Unabhängig von der Schuldfrage gibt es zwei Opfer dieses medialen Dauerregens: Kachelmann und das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer. Sie stehen quasi nackt im kalten Wind der privaten Offenbarungen.
Ende November sorgt Kachelmann von sich aus für einen kleineren Donnerschlag: In der entscheidenden Phase des Prozesses wechselt er sein Verteidigerteam aus - ob er damit dem Hoch ein wenig näher gekommen ist, erweist sich wohl erst im Frühjahr.