Der Vater der mehrfachen Box-Weltmeisterin Rola El-Halabi soll die Schüsse auf seine Tochter mit mehreren Jahren Haft büßen: Sechs Jahre und zehn Monate Gefängnis forderte der Oberstaatsanwalt am Freitag vor dem Berliner Landgericht wegen gefährlicher und versuchter schwerer Körperverletzung. Der Angeklagte war am 1. April in die Kabine der Leichtgewicht-Boxerin in Berlin gestürmt und hatte vier Schüsse auf die Tochter abgefeuert.
"Der 44-Jährige wollte El-Halabi so treffen, dass sie nie wieder boxen kann", sagte der Ankläger. Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass sich der in Kuwait geborene Goldschmied gedemütigt fühlte. Rola El-Halabi hatte sich in einen Mann verliebt und den Vater als Manager entlassen. "Die Beziehung zu dem noch verheirateten Freund passte nicht in das Weltbild des sozial-kulturell in seiner Heimat verhafteten Mannes", argumentierte der Staatsanwalt.
"Sie hat nicht nur im Ring gekämpft"
Rola El-Halabis Anwalt plädierte auf acht Jahre Haft. "Sie hat nicht nur im Ring gekämpft, sondern auch um ihr Recht auf eine Beziehung und eine eigene Identität in einem von Männern geprägten Umfeld", sagte der Nebenklagevertreter. Der Vater sei ihr erbittertster Gegner geworden. Er habe das große Finale im Kampf um die Tochter gewollt und ihr keine Chance gelassen.
In seinem Schlusswort beteuerte der Angeklagte äußerlich zerknirscht: "Es tut mir leid". Im Prozess hatte der 44-jährige gezielte Schüsse bestritten. "Ich weiß nicht, warum ich es tat, ich war nicht mehr ich", erklärte der Ex-Manager. Die Verteidigung sah nicht die Tat eines eifersüchtigen Vaters. "Der Angeklagte ist kein Diktator, der es nicht erträgt, wenn die Tochter einen Freund hat", sagte der Anwalt.
Zugang zur Kabine freigeschossen
Auslöser sei ein Männerkonflikt gewesen. Wachleute hätten den Zugang zur Kabine versperren wollen. Zwei Posten hatte der aufgewühlte Vater in die Beine geschossen. Die Tat wäre nicht passiert, hätte der Angeklagte mit seiner Tochter sprechen können, sagte der Verteidiger. Die schreckliche Tat sei nicht erklärbar. Einen konkreten Strafantrag stellte die Verteidigung nicht.
Die inzwischen mit dem damaligen Freund verlobte Boxerin lag sechs Wochen im Krankenhaus. Mehrere Operationen waren nötig. Ob die Schlaghand, die der Vater durchschossen hat, so verheilt, dass sie wieder boxen kann, ist offen. Die Chancen stehen nach dem Gutachten von Ärzten nicht schlecht. Rola El-Halabi hofft, Ende nächsten Jahres wieder im Ring zu stehen.