Versuchter Amoklauf Rentner wollte sich an Zeugen Jehovas rächen

Wegen Mordversuchs muss sich seit Montag ein Rentner vor dem Landgericht Bielefeld verantworten, der laut Anklage ein Blutbad unter Zeugen Jehovas anrichten wollte.

Wegen Mordversuchs muss sich seit Montag ein Rentner vor dem Landgericht Bielefeld verantworten, der laut Anklage ein Blutbad unter Zeugen Jehovas anrichten wollte. Der 83-Jährige aus Halle (Westfalen) soll am 30. Juli 2009 vermummt und mit einer Maschinenpistole bewaffnet einen Gebetssaal der Zeugen Jehovas in Bielefeld betreten haben, um möglichst viele der 81 Anwesenden zu erschießen.

Zum Prozessauftakt entschuldigte sich der Angeklagte. Es tue ihm zutiefst leid, dass er für solch ein gewaltiges Erschrecken gesorgt habe, sagte der Mann vor Gericht. Neben der Maschinenpistole hatte der vermummte 83-Jährige laut Staatsanwaltschaft drei volle Magazine, ein Samuraischwert und ein Messer bei sich. Dass es am Abend des 30. Juli zu keinem Blutbad kam, war wohl allein einem technischen Defekt an der Pistole zu verdanken. Dem Mann gelang es laut Anklage nicht, die Waffe durchzuladen.

Außerdem wurde er rechtzeitig von der Einlasskontrolle der Zeugen Jehovas beim Maskieren und Hantieren überrascht und dann von Mitgliedern der Gemeinde überwältigt. Ein Ordner hatte die Gemeindemitglieder durch den Notausgang in Sicherheit gebracht.

In seinen persönlichen Unterlagen entdeckten die Ermittler später Hinweise auf ein Motiv für das angeblich geplante Massaker: Der Mann habe niedergeschrieben, sich an den Zeugen Jehovas rächen zu wollen, weil sie ihm seine Tochter entfremdet hätten. Auch dass er die Bibelauslegung der Zeugen Jehovas zutiefst missbillige, war dort laut Anklage zu lesen.

Die Wut auf die Glaubensgemeinschaft in Bielefeld war dabei offenbar allgemeiner Natur. Denn Verbindungen zwischen der Gemeinde und der Tochter des Angeklagten gibt es den Ermittlungen zufolge nicht.

Zum Prozessauftakt erzählte der 83-Jährige ausführlich aus seinem Leben, zu den Tatvorwürfen selbst wollte er sich zunächst jedoch nicht äußern. Bis zu seinem Ruhestand mit 60 war der Sohn eines Polizisten eigenen Angaben zufolge als Justizvollzugsbeamter tätig und arbeitete danach für eine private Sicherheitsfirma weiter.

Seinen Gefängnisaufenthalt scheint der 83-Jährige nicht als große Belastung zu erleben: Die Behandlung im Justizkrankenhaus sei besser als in jedem anderen, schwärmte der Angeklagte. Seinen psychologischen Gutachter begrüßte er freudig vor Gericht wie einen alten Bekannten. Auch mit den Beamten in der JVA komme er gut klar und die Mitgefangenen sähen in ihm eine Art Kommandoführer, sagte er. Der Verteidiger erklärte, bevor sich sein Mandant zu den angeblichen Blutbad-Plänen äußere, wolle er zunächst einmal die Aussagen der Zeugen abwarten.

Der Prozess soll am 4. Februar fortgesetzt werden. Ein Urteil wird nicht vor April erwartet.

AFP, APN

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