Ein Jahr nach dem Absturz einer Air-France-Maschine über dem Atlantik haben die Hinterbliebenen streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt der 228 Opfer gedacht. An einer von der Fluggesellschaft organisierten Zeremonie bei Paris nahmen rund 1100 Menschen teil. Frankreichs Regierung versicherte dabei, sie werde die Suche nach den Flugschreibern fortsetzen, um das Unglück aufzuklären, bei dem auch 28 Deutsche starben. Lediglich 51 der 228 Opfer waren nach dem Absturz am Pfingstmontag tot im Wasser entdeckt worden, darunter auch sechs Deutsche.
In einem Veranstaltungszentrum südöstlich von Paris wurden nacheinander die Namen aller 228 Toten verlesen. Eine Frau erlitt laut Teilnehmern einen Zusammenbruch. Am Nachmittag wurde ein Denkmal für die Opfer auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise enthüllt. Es sieht genauso aus wie eine Stele in Rio de Janeiro; auf durchsichtigem Untergrund sind 228 Schwalben zu sehen. Eine Miniatur-Ausgabe der Stele konnte jeder Angehörige mit nach Hause nehmen.
Die Gedenkfeier habe sie "berührt", sagte die deutsche Angehörige Barbara Crolow, deren Sohn bei dem Absturz starb. Sie persönlich hätte sich aber einen etwas feierlicheren Rahmen als eine "funktionale Mehrzweckhalle ohne Blumen" gewünscht. "Fast unerträglich" sei es für sie gewesen, dass Air France, "die den Unfall mitverursacht hat", bei der Veranstaltung den firmeneigenen Chor auftreten ließ. Andere Angehörige sprachen aber von einem "ansprechenden Rahmen", der dem Ereignis gerecht geworden sei.
Angehörige pochen auf Aufklärung
Der Air-France-Flug AF447 war am 1. Juni vergangenen Jahres auf dem Weg von Brasilien nach Frankreich ins Meer gestürzt. Nach Angaben der französischen Ermittler war der Ausfall der Geschwindigkeitsmesser "ein Faktor" bei dem Unglück, aber nicht die alleinige Ursache. Trotz dreier monatelanger Suchphasen im Atlantik wurden die Flugschreiber der Maschine vom Typ Airbus A330-200 bis heute nicht gefunden.
Frankreichs Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau versprach den Angehörigen eine Fortsetzung der Suche nach den Flugschreibern. "Ich kann Ihnen garantieren, dass wir nicht aufgeben werden", sagte er bei der Veranstaltung. Einige Vertreter der Angehörigen zweifelten jedoch an dem Aufklärungswillen der beteiligten Firmen und der französischen Behörden. Air France, Airbus und der französische Sondenhersteller Thales wollten die Wahrheit "nicht herausfinden", sagte der brasilianische Opfervertreter Nelson Faria Marinho. Die französische Ermittlungsbehörde BEA habe bis heute nichts zur Aufklärung beigetragen.
Auch die deutschen Angehörigen würden es nicht hinnehmen, wenn "der Unfall kleingeredet und nicht richtig aufgeklärt" werde, sagte Winfried Schmidt von der deutschen Opfer-Organisation HIOP AF447. Ihre Vertreter hatten Air France und Airbus sowie den Aufsichtsbehörden schon am Montag schwere Versäumnisse vorgeworfen. Aus ihrer Sicht war der Ausfall der Tempo-Sonden aufgrund früherer Störungen vorhersehbar. Den französischen Staat wollen die deutschen Angehörigen verklagen, weil er eine EU-Richtlinie zur Flugsicherheit nicht in nationales Recht umgesetzt habe, die eine Meldung solcher Zwischenfälle an die europäischen Aufsichtsbehörden vorsieht.