Seit zwei Jahren lässt die Gruppe Northern Illinois Bottlecamp Balloon Brigade sogenannte Pico-Ballone gen Himmel steigen, um damit Höhenströmungen zu erforschen und zu beobachten. Ganzer Stolz der Gruppe ist K9YO. Der gerade einmal 80 Zentimeter große Ballon hat die Erde schon sechsmal umrundet. Am 14. Februar wurde er als vermisst gemeldet. K9YO war bis dahin 123 Tage und 18 Stunden unterwegs gewesen. Zuletzt wurde er fast 50 Minuten nach Mitternacht am 11. Februar nahe der unbewohnten Insel Hagemeister vor Alaska geortet.
Stunden später meldeten kanadische und US-Behörden den Abschuss eines rätselhaften Flugobjektes. Es war eines von drei Objekten, die das US-Militär an dem Wochenende vom Himmel holte. Zwei Objekte schossen die Militärs über den USA und Kanada ab – eines wurde über dem Yukon vor Alaska getroffen. Nun mehren sich Spekulationen, dass es sich bei dem Gefährt um den vermissten Ballon der Illinois Balloon Brigade handeln könnte. Auf dem Blog der Gruppe finden sich dazu bisher keine Informationen. Und auch die US-Regierung und die kanadischen Behörden sprachen bisher nicht von einem abgeschossenen Pico-Ballon.
Die USA räumten allerdings ein, dass die abgeschossenen Flugobjekte nicht Teil einer Spionageballon-Flotte aus China seien. Auch Hinweise auf Spionage fehlen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag. Stattdessen könnte es sich um Ballone kommerzieller oder wissenschaftlicher Einrichtungen handeln, sagte US-Präsident Joe Biden. Dass sie harmlos seien, sei nicht auszuschließen. Woher die Objekte stammen, bleibt derweil unklar. Ungewiss ist auch die Mission, mit der sie unterwegs gewesen sind. Die Überreste der Ballone seien immer noch nicht gefunden worden.
Amateurballone fliegen weltweit über die Erde
Kanadas Verteidigungsministerin Anita Anand sagte, das Objekt vor der Küste Alaskas sei in einer Höhe von 40.000 Fuß (ungefähr 12.000 Meter) unterwegs gewesen. Das entspricht der Höhe, in der auch der Amateurballon K9YO aus Illinois unterwegs gewesen ist. Ballone dieser Art können bis zu 12.000 Meter hoch fliegen und sind weltweit zu Tausenden unterwegs. Anders als Wetterballone geht es dabei darum, Höhenströmungen zu erforschen und zu beobachten.
Die Pico-Ballone können legal in jedem Land gestartet werden, wenn sie eine gewisse Größe überschreiten, brauchen sie eine Genehmigung von den Luftfahrtbehörden. Die Amateurfunkballone sind mit kleinen Solarpanelen und einem sogenannten Automatic Packet Reporting System (APRS) das etwa GPS-, Wetterdaten oder Textnachrichten automatisiert sendet.
K9YO war ebenfalls mit einem Solarpanel und einem GPS-Modul ausgestattet und wog etwas über 16 Gramm. Laut einem Pentagon-Memo soll einer der abgeschossenen Ballone ein "kleiner Metallballon mit einer angebundenen Nutzlast" gewesen sein, der eine "begründete Gefahr für die zivile Sicherheit" darstellte, wie Verteidigungsministerin Anand sagte.
Trümmer-Bergung läuft – Spionageballon offenbar Teil eines großen chinesischen Überwachungsprogramms

Die Route der Pico-Ballone lassen sich über verschiedene Tools verfolgen. Der Verbleib von K9YO bleibt ungewiss – je nach Tool ist er auffindbar oder auch nicht.
Der Zeitung "Politico" sagte die kanadische Verteidigungsministerin: "Ich habe gehört, dass das FBI mit dieser Hobbygruppe gesprochen hat, und ich erwarte, dass die Task Force (des Nationalen Sicherheitsrates) mehr über die mögliche Identifizierung der Objekte weiß."
USA wegen chinesischem Spionageballon alarmiert
In einer Rede am Donnerstag sagte US-Präsident Joe Biden, dass die Objekte noch untersucht würden, sie aber möglicherweise nicht aus China stammen. Von Pico-Ballonen sprach aber auch er nicht.
Anfang Februar hatte das US-Militär einen chinesischen Ballon abgeschossen und Peking der Spionage bezichtigt. China wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer Überreaktion der USA. Der abgeschossene Ballon sei ein Forschungsballon aus China gewesen, der durch "höhere Gewalt" weit vom Kurs abgekommen sei.
Nach dem Vorfall hat das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando Norad die Radarsysteme angepasst. Sie können nun mehr Objekte identifizieren, auch jene, die besonders klein sind und hoch fliegen. Ballone wie K9YO, nach dessen Überresten derzeit nach Angaben der US-Behörden noch gesucht wird.
Qellen: Northern Illinois Bottlecamp Balloon Brigade, "Washington Post", "Politico", RTL-SDR.com, Sondehub.org, Locate and Track, mit Material von DPA und AFP