Vor der Ostseeinsel Fehmarn ist vermutlich ein siebenjähriger Junge aus Niedersachsen beim Baden ertrunken. Rettungskräfte suchen zwei Tage nach dem Unglück weiter nach dem nahe Puttgarden verschwundenen Kind. Bereits einen Tag nach dem Verschwinden des Jungen ging die Polizei jedoch von einem tödlichen Badeunfall aus. Inzwischen suchen Taucher, ein Suchboot und ein Rettungshubschrauber nach der Leiche des Jungen. Denn die Polizei hat kaum noch Hoffnung, ihn lebend zu finden. "Wenn er im Wasser ist, hat er keine Überlebenschance", sagte der Sprecher Wasserschutzpolizei Roland Liedke zu stern.de. Nun kritisieren sowohl die Polizei als auch die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), dass sie erst 50 Minuten nach dem Verschwinden des Jungen von den Eltern über den Vorfall informiert wurden.
Am Rettungsschwimmer vorbeigegangen
Die genauen Umstände, unter denen das Kind verschwand, sind bislang unklar. Eventuell ist der Junge am Ende einer rund 300 Meter breiten Flachwasserzone ins tiefe Wasser geraten. Der Meeresboden falle dort sehr steil ab, sagte der Polizeisprecher. Die Eltern des Kindes gaben an, das Verschwinden ihres Sohnes am Nachmittag gegen 16.30 Uhr bemerkt zu haben. Sie hätten gedacht, ihr Kind spiele mit seinen zwei älteren Geschwistern. Diese wiederum hätten ihren kleinen Bruder in der Obhut der Eltern gewähnt. Als die Familie das Fehlen ihres Jüngsten bemerkte, begann sie am Strand zu suchen und sprach auch andere Badeurlauber an. Ein DLRG-Mitarbeiter äußerte jedoch Unverständnis dafür, dass die Familie nicht den Rettungsschwimmer am Strand informierte, obwohl die Familie direkt neben dem DLRG-Rettungsstand nach dem Jungen suchte. "Die sind an der Strandwache vorbeigegangen und haben dem Rettungsschwimmer nicht Bescheid gegeben", sagte der DLRG-Mann stern.de
Auch der Sprecher der Wasserschutzpolizei Roland Liedke kritisierte im Gespräch, dass der Notruf bei der Polizei erst um 17.20 Uhr einging, obwohl die Eltern den Jungen zu diesem Zeitpunkt bereits seit 50 Minuten vermissten. Es sei zudem verständlich, dass die Eltern zunächst nicht vom Schlimmsten ausgegangen seien und erst einmal den Strand abgesucht hatten. Dass die Eltern zu spät die Rettungskräfte riefen, auch nachdem klar war, dass der Junge nicht am Strand ist, erklärt sich Roland Liedke mit einer Panikreaktion. Den Eltern gehe es seit dem Unfall sehr schlecht. Die ganze Familie werde seelsorgerisch betreut.
"Die Ostsee ist kein Schwimmbad"
Während sich die Polizei bislang eher zurückhaltend zu dem Vorfall äußerte, übte ein Verantwortlicher der örtlichen DLRG-Einsatzkräfte harsche Kritik an den Eltern. Es sei ihm unverständlich, dass die Eltern ihren siebenjährigen Jungen im 16 Grad kalten Wasser spielen ließen, ohne einen Blick auf ihn zu haben. Er habe erfahren, dass die Eltern ihren Strandkorb vom Wasser abgewandt positioniert hatten, um sich vor dem kalten Wind zu schützen. Dass der Junge ein guter Schwimmer war sei kein Grund, ein kleines Kind aus den Augen zu lassen. Kinder in diesem Alter könnten sich höchstens 15 Minuten über Wasser halten, "und das auch nur mit größter Mühe", sagte der DLRG-Mitarbeiter.
Dass der Strand bei Puttgarden bislang als ungefährlich und kinderfreundlich ausgeschildert war, lassen die Rettungskräfte nicht als Entschuldigung gelten. "Auch Eltern haben eine Sorgepflicht", sagt der DLRG-Mitarbeiter. Polizeisprecher Liedke appelliert an die Urlauber, "die Ostsee ist kein Schwimmbad. Auch Kinder, die schon relativ gut schwimmen können, sollten von ihren Eltern wie Nichtschwimmer behandelt werden."
Anmerkung der Red.: Die Eltern des Jungen haben der Version des DLRG und der Polizei nachträglich widersprochen. Er habe sofort nach dem Verschwinden seines Sohnes die DLRG benachrichtigt, sagte der Vater. Der Strandkorb sei zudem erst nach dem Verschwinden des Kindes während der Suche von den Einsatzkäften vom Wasser abgewendet worden.