"1155 Häuser abgebrannt ¬und wir müssen weiterzählen". Die Schlagzeile der Los Angeles Times kann das Ausmaß der größten Feuerkatastrophe, die Kalifornien jemals heimgesucht hat, nur andeuten. Mehr als eine Million Menschen sind auf der Flucht vor den Flammen, haben zum Teil Haus und Hof verloren. Christie Williams musste im Fernsehen mit ansehen, wie ihr Heim von den Flammen verschlungen wurde. "Es war wie ein Stich ins Herz", sagte die Hausbesitzerin aus San Diego im Fernsehsender CNN.
Das Inferno, mehr als 17 lokale Brandherde haben sich zum Teil zu einem "Megafeuer" zusammengeschlossen, hat sich jetzt bis an die mexikanische Grenze gefressen. Die gute Nachricht: Die heißen Santa Ana Winde lassen langsam nach. Die Wettervorhersage sagt Morgennebel voraus. Ein Sprecher der Feuerwehr: "Genau das, was wir jetzt brauchen."
Wie ein Wunder starben erst sechs Menschen in dem Flammenmeer, das sich über eine Fläche ausgebreitet hat, die größer als Manhattan ist. Das größte Problem im Moment: "Wir haben nicht genug Leute, nicht genug Löschfahrzeuge, uns fehlt es an Hilfsmitteln", beklagt der Feuerwehr-Chef von Orange County, Chip Prather. Er ist nicht der erste, der seinem Frust inmitten der Feuerhölle von Kalifornien Luft macht. Mark Jackson lebt seit 25 Jahren im Modjesto Canyon im Süden von Los Angeles. Auch er verlor sein Haus. Wütend wetterte er in die TV-Kameras: "Als wir unser Haus verlassen haben, schlugen die Flammen bereits bis zur Eingangstür. Und kein einziger Feuerwehrmann war in der Nähe." Immer mehr Medien greifen deshalb die Frage auf, ob die Region zu unvorbereitet war .
Die große Politik vor Ort
Gouverneur Arnold Schwarzenegger versprach zwar sofortige Hilfe. Und auch Präsident George W. Bush, seit dem Organisations-Dilemma nach Hurrikan Katrina als Dilettant abgeurteilt, schickte sofort seine beiden wichtigesten Sicherheitskräfte, Homeland-Security-Chef Michael Chertoff und den Boss der Federal Emergency Management Agency (FEMA) David Paulison, nach Kalifornien. Aber bisher wurde außer unzähligen Pressekonferenzen noch nicht allzu viel Produktives aus Regierungsebene abgeliefert. Mit Geldversprechungen an diejenigen, die Haus und Gut verloren haben, hält man sich auffällig zurück. Dana Perino, Sprecherin des Weißen Hauses, vertröstete die Betroffenen erneut: "Der Präsident macht sich große Sorgen. Er wird selbst in die Region reisen, um sich vom Ausmaß der Katastrophe ein Bild zu machen." Es würde wohl genügen, wenn er dem Football-Stadion von San Diego einen Besuch abstatten würde. Das Qualcaomm-Stadium, ein Betonbecken, das wegen seiner Bauart vor dem Flammen sicher ist, beherbergt mittlerweile mehr als 10.000 Flüchtlinge aus der Region. Hunderte von Freiwilligen helfen den Menschen, ihre Zeltlager aufzubauen, sie mit Wasser und Essen zu versorgen. Ein krasser Gegensatz zu den chaotischen Umständen in New Orleans nach Katrina. Lya Bogomos liegt auf einer Matratze mitten auf dem Spielfeld: "Es ist wunderbar, wie hilfsbereit die Menschen sind", sagt sie. Firmen zeigen sich großzügig, spendieren Getränke und warme Mahlzeiten. Die Feuer-Flüchtlinge harren aus, geben sich geduldig und verständnisvoll.
Bau-Restriktionen gefordert
Bleibt die Frage, wie es weitergeht. "Zunächst brauchen wir einen Durchbruch beim Wetter, keine Frage", sagt Prather. Wenn dann die Flammen erloschen sind und sich der Rauch verzogen hat, dann müsse genau überlegt werden, wie man die Häuser wieder aufbaue, um eine ähnliche Katastrophe zu verhindern. Schon jetzt schätzen Versicherungen, dass sich der Schaden auf weit mehr als 500 Millionen Dollar belaufen wird.
Die kalifornische Abgeordnete Diane Feinstein deutete in einem Interview an, dass es vielleicht an der Zeit sei, über Baurestriktionen in entlegenen Canyons nachzudenken. Ein Baustopp im Bundesstaat, der jährlich demographische Zuwachsraten von mehr als 30 Prozent verzeichnet und Millionen von Steuergeldern an den Pazifik spült? Eine politische Bombe, die nur darauf wartet, zu zünden.