Unglück in Portugal Auch Deutsche unter Opfern von Lissabon – insgesamt 16 Tote und 21 Verletzte

Unfallort
Zahl der Todesfälle steigt – auch deutsche Familie unter den Opfern
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In Lissabon ist eine Standseilbahn entgleist – 16 Menschen starben, noch mehr sind verletzt, darunter auch deutsche Touristen. Bilder zeigen den völlig zerstörten Waggon.

Bei dem schweren Standseilbahn-Unglück in Portugals Hauptstadt Lissabon hat es auch deutsche Opfer gegeben. Die portugiesische Online-Zeitung "Observador" berichtete am Donnerstag unter Berufung auf eine Polizeiquelle über den Tod eines deutschen Familienvaters, dies sei laut Auswärtigem Amt aber eine Falschmeldung. Seine Frau schwebe in Lebensgefahr, ihr dreijähriger Sohn habe leicht verletzt überlebt. Das Kind sei in der Obhut der Behörden. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Die örtlichen Behörden sprachen von zwei Deutschen unter den 21 Verletzten, die Nationalität der inzwischen 16 Todesopfer soll erst später mitgeteilt werden.

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"Nach Kenntnis des Auswärtigen Amts befinden sich nach aktuellem Stand keine deutschen Staatsangehörigen unter den Todesopfern", hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin am Freitag. Deutsche Verletzte seien nicht auszuschließen.

Für "Familienmitglieder und enge Freunde" der Verunglückten wurden inzwischen Kontaktmöglichkeiten veröffentlicht, wie die Kriminalpolizei mitteilt.

Unter (+351) 211 968 000 oder per E-Mail unter chefepiquetelx@pj.pt kann die zuständige Behörde kontaktiert werden.

Mindestens ein deutsches Todesopfer

Ein Vertreter der Rettungskräfte bestätigte, dass ein dreijähriges Kind unter den Verletzten sei, nannte dessen Nationalität jedoch nicht. Der Zivilschutz in Lissabon sprach von zwei Verletzten aus Deutschland. Demnach waren mindestens elf Ausländer unter den 21 Verletzten.

Die Zahl der Todesopfer stieg nach dem Tod eines Verletzten in der Nacht auf 16, wie Portugals Regierungschef Luis Montenegro mitteilte. Er korrigierte damit vorherige Angaben der örtlichen Behörden über 17 Tote. Es habe einen Zählfehler gegeben, berichtete der staatliche portugiesische TV-Sender RTP. Zudem gebe es fünf Schwerverletzte, es handele sich um eine "der größten menschlichen Tragödien unserer jüngeren Geschichte", erklärte Montenegro.

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Die Sprecherin des städtischen Zivilschutzes, Margarida Castro, machte zur Identität der Toten keine Angaben. Bei den 15 Menschen, die sofort starben, handelte es sich um acht Männer und sieben Frauen.

Die Gesamtzahl der Toten und Verletzten entspricht in etwa dem maximalen Fassungsvermögen der Standseilbahn, die täglich Lissabons steile Hügel hinauf- und hinabfährt und zu den touristischen Attraktionen der portugiesischen Hauptstadt gehört. Die Unglücksursache war noch unklar. Am Donnerstagmorgen waren immer noch Ermittler rund um das Seilbahnwrack im Einsatz.

Seil gerissen? Bremsen versagt? Ursache ist noch unklar

Portugiesische Medien zitierten eine Augenzeugin, wonach am Mittwochabend eine der gelben Standseilbahnen am Ende ihrer Strecke erst kurz hinter der eigentlichen Haltestelle abrupt zum Stehen gekommen sei. Die Augenzeugin und andere Menschen seien herbeigeeilt, um den Passagieren beim Aussteigen zu helfen, und hätten dann bemerkt, dass eine andere Standseilbahn in vollem Tempo die abschüssige Straße hinuntergerast sei. Sie seien daher weggerannt, doch die Seilbahn habe nicht den zuvor eingetroffenen Wagen gerammt, sondern sei in einer leichten Kurve entgleist und gegen ein Gebäude geprallt.

Mehrere portugiesische Medien nannten den Bruch eines Sicherheitskabels als mögliche Unglücksursache und äußerten Zweifel an einer ordentlichen Wartung. Die Stadtverwaltung setzte vorsorglich den Betrieb der übrigen drei Standseilbahnen in Lissabon aus. Zunächst soll ihre Funktionstüchtigkeit und Sicherheit überprüft werden, kündigte Zivilschutz-Sprecherin Castro an.

Das Unternehmen Carris, das den Nahverkehr in Lissabon betreibt, hatte zuvor versichert, dass "alle Wartungsprotokolle" eingehalten worden seien. Demnach erfolgte 2022 die alle vier Jahre fällige Generalwartung und 2024 die alle zwei Jahre vorgenommene Zwischenwartung. Carris-Chef Pedro Bogas räumte am Unglücksort allerdings ein, dass sich bereits seit 14 Jahren ein Subunternehmen um die Wartung kümmere.

Die portugiesische Regierung rief für Donnerstag einen nationalen Trauertag aus. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bekundete in einer Kondolenzbotschaft sein "tief empfundenes Beileid". "Wir teilen die Trauer und den Schmerz in diesen schweren Stunden", schrieb Steinmeier im Namen der Deutschen. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieses tragischen Standseilbahnunglücks", hieß es auch aus dem Auswärtigen Amt.

Lissabons Standseilbahnen werden seit dem 19. Jahrhundert betrieben

Die "Gloria"-Standseilbahn wurde 1885 in Betrieb genommen und 1915 an das Stromnetz angeschlossen. Der "Elevador da Glória" fährt auf der Rua da Glória auf Gleisen hin und zurück über eine Strecke von rund 265 Metern und überwindet dabei einen Höhenunterschied von rund 45 Metern. Die Wagen werden dabei von einem Kabel bergauf gezogen und bergab gebremst. Die Bahn ist heute in erster Linie eine Touristenattraktion, sie wird aber auch von vielen Einheimischen benutzt, denen die Strecke zu Fuß zu steil ist.

Das Unglück löste bei Lissabons Bürgern und Touristen Erschütterung aus. "Portugal trauert", sagte Bürgermeister Carlos Moedas dem TV-Nachrichtensender "SIC Notícias" sichtlich niedergeschlagen. Es sei vor allem für die Stadt Lissabon "tragisch, ein schrecklicher Abend". Moedas rief eine dreitägige Trauer aus. Portugals Ministerpräsident Luís Montenegro sagte alle seine Termine erst einmal ab.

Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall "zutiefst" und forderte, dass der Vorfall "rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt" werde. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte Rebelo de Sousa. Auch die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Die Flaggen vor dem Europaparlament wurden auf halbmast gesetzt. 

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels war die Rede von einem deutschen Vater unter den Todesopfern. Dies ist laut Auswärtigem Amt offenbar falsch. Die Medienberichte, auf die sich auch der stern berief, seien nicht zutreffend. Wir haben dies entsprechend angepasst und bitten um Entschuldigung.

AFP · DPA · Reuters
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