Irland Nach Messerangriff in Dublin: Krawalle, Plünderungen und die Frage nach dem Motiv

Nach einem Messerangriff auf mehrere Kinder und eine Frau ist es in Dublin zu Krawallen gekommen. Die Sicherheitsbehörden machten rechtsextreme Unruhestifter für die Ausschreitungen verantwortlich
Nach einem Messerangriff auf mehrere Kinder und eine Frau ist es in Dublin zu Krawallen gekommen. Die Sicherheitsbehörden machten rechtsextreme Unruhestifter für die Ausschreitungen verantwortlich
© Peter Murphy / AFP
Nach einer Messerattacke auf mehrere Kinder und eine Frau in Dublin bleibt die Frage nach dem Motiv. In der irischen Hauptstadt kam es in der Nacht zum Freitag zu Ausschreitungen.  

In Irland wird nach einer Messerattacke auf mehrere Kinder und eine Frau in Dublin über das Motiv des Angreifers gerätselt. Der Vorfall sorgt in sozialen Medien für Spekulationen über die Nationalität des Angreifers. In der Nacht zum Freitag kam es zu schweren Ausschreitungen in der Hauptstadt. Die Sicherheitsbehörden machten rechtsextreme Unruhestifter für die Krawalle verantwortlich.

Die Tat hatte sich am Donnerstagnachmittag im Zentrum von Dublin ereignet. Ein etwa 50 Jahre alter Mann attackierte vor allem Kinder und stach mit einem Messer auf seine Opfer ein. Ein fünfjähriges Mädchen und eine Frau im Alter zwischen 30 und 40 Jahren wurden mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Ein fünf Jahre alter Junge und ein sechsjähriges Mädchen erlitten leichtere Verletzungen. Bei der verletzten Frau soll es sich den Berichten zufolge um eine Betreuerin der Kinder handeln.

Nach der Festnahme des Verdächtigen bleibt das Motiv unklar

Der Verdächtige wurde Medienberichten zufolge kurz nach der Tat von Passanten überwältigt und entwaffnet. Er wurde noch vor Ort festgenommen und mit ernsten Verletzungen im Krankenhaus behandelt. Nach weiteren Verdächtigen wurde zunächst nicht gesucht.

Das Motiv für den Messerangriff sei noch unklar, betonte Irlands Polizeichef Drew Harris vor Journalisten. Nichts könne ausgeschlossen werden. Zuvor hatten die Aussagen eines Polizeisprechers den Eindruck erweckt, ein terroristischer Hintergrund sei unwahrscheinlich.

Ausschreitungen in Dublin: Plünderungen und Randale

Am Abend kam es dann zu schweren Ausschreitungen in der Innenstadt von Dublin, bei denen mehrere Busse, eine Straßenbahn und ein Polizeiauto angezündet wurden. In sozialen Medien war zu sehen, wie sich Randalierer Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, die mit hunderten Einsatzkräften ausgerückt war. Berichten zufolge wurden Beamte mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen, Geschäfte geplündert und Schaufenster eingeschlagen. Während der Ausschreitungen seien zudem ausländerfeindliche Parolen gerufen worden. Um das Parlamentsgebäude wurden vorsichtshalber Polizeiabsperrungen errichtet.

Die Demonstranten schwenkten irische Flaggen und hielten Schilder mit der Aufschrift "Irish Lives Matter" (Das Leben von Iren zählt) hoch, die an den aus den USA stammenden Slogan "Black Lives Matter" als Protest gegen Polizeigewalt gegen Schwarze angelehnt ist. Einer der Protestteilnehmer sagte der Nachrichtenagentur AFP, das "irische Volk" werde von "diesem Abschaum" angegriffen. Andere wetterten gegen "Mainstream-Medien". 

In Dublin kommt es nach einem Messerangriff zu Krawallen. Ein Bus brennt.
Ein Bus brennt in der O'Connell Street im Stadtzentrum von Dublin, nachdem nachdem ein Mann bei einem Messerangriff auf dem Parnell Square East drei kleine Kinder und eine Frau verletzt hatte. Nach einem Messerangriff in der irischen Hauptstadt, bei dem unter anderem ein fünfjähriges Mädchen und eine Frau schwer verletzt wurden, kam es am Abend in der Nähe des Tatorts zu schweren Ausschreitungen.
© Brian Lawless / DPA

Einem Reporter des britischen Nachrichtensenders Sky News zufolge sollen Hunderte teils vermummte Krawallmacher an den Ausschreitungen beteiligt gewesen sein. Die irische Justizministerin Helen McEntee sprach von "Schlägern, Kriminellen, die diesen entsetzlichen Angriff nutzen, um Spaltung zu säen und Chaos anzurichten". Das werde nicht toleriert.

Polizeichef Drew Harris  warnte vor der Verbreitung von "Desinformation" und machte eine "völlig irre Gruppierung" für die Gewalt verantwortlich. Diese werde von einer "Rechtsaußen-Ideologie angetrieben"."Wir ziehen Verstärkung heran, um das zu bewältigen", sagte er am Abend. Gerüchte, wonach die Armee zu Hilfe gekommen sei, wurden von den Streitkräften dementiert. 

Aufgeheizte Stimmung auf Social Media

Zur Eskalation der Lage trug offenbar auch die Stimmungsmache in sozialen Medien bei. Harris zufolge gab es im Internet eine "riesigen Menge" an Spekulationen über die Nationalität des mutmaßlichen Angreifers. Er rief die Menschen auf, "Desinformation und Gerüchte, die in sozialen Medien kursieren", nicht zu beachten. Die Fakten müssten erst noch geklärt werden.

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Faeser: Höchststand politisch motivierter Kriminalität

Der öffentliche Nahverkehr in Dublin kam nach Angaben des Rundfunks RTÉ teilweise zum Erliegen. Busse wurden umgeleitet. Gegen 22.30 Uhr Ortszeit (23.30 Uhr MEZ) erklärte Polizeichef Patrick McMenamin, es sei wieder Ruhe eingekehrt und es seien keine weiteren ernsthaften Verletzungen gemeldet worden. "Es war eine grundlose Schlägerei", sagte er.

"Wir sind alle geschockt von den Taten", erklärte der irische Premierminister Leo Varadkar. Seine "Gedanken und Gebete" seien bei den Verletzten und ihren Familien. Der Regierungschef lobte, dass nach der Attacke sehr schnell Einsatzkräfte vor Ort gewesen seien.

Irland: Unzufriedenheit und Ressentiments

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte im Kurzbotschaftendienst X, ehemals Twitter, sie sei "schockiert" angesichts des "brutalen Anschlags". 

Der Messerangriff ereignete sich in einer ohnehin aufgeheizten Stimmung in Irland. In dem EU-Land herrscht chronische Wohnungsnot, nach Regierungsschätzungen fehlen hunderttausende Wohnungen. Die verbreitete Unzufriedenheit in der Bevölkerung führt zu Ressentiments gegen Flüchtlinge und Asylsuchende. Rechtsextreme Politiker heizen diese Stimmung weiter an, in Online-Netzwerken kursieren einwanderungsfeindliche Parolen wie "Irland ist voll".

Justizministerin Helen McEntee erklärte, die Ausschreitungen in Dublin "können und werden nicht toleriert werden". Es dürfe nicht zugelassen werden, dass "eine entsetzliche Tragödie benutzt wird, um Chaos anzurichten", betonte sie und rief zur Ruhe auf.

DPA · AFP
lcs

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