Einen Rosenmontag ohne Karnevalswagen hat es in Köln seit 30 Jahren nicht mehr gegeben. Doch wegen der Corona-Pandemie ist der größte deutsche Karnevalszug in diesem Jahr abgesagt worden. Einen Karnevalswagen gab es allerdings doch – direkt neben dem Kölner Dom und verwirrenderweise erbaut von dem Düsseldorfer Spezialisten Jacques Tilly. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace demonstrierte damit gegen die Klimapolitik des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU).
Der Wagen zeigt Laschet mit Narrenkappe, wie er mit einem riesigen Braunkohlebagger die Kirche von Keyenberg zum Einsturz bringt. Das Dorf Keyenberg soll dem Tagebau weichen. "Es kann nicht sein, dass mitten in der Klimakrise immer noch riesige Mengen Braunkohle abgebaut werden und sogar ganze Dörfer mit Kirchen, Schulen und fruchtbaren Äckern geopfert werden", sagte Bastian Neuwirth von Greenpeace. "Wir finden, Köln ist genau der richtige Ort für diesen Wagen, weil wir hier vor dem Dom die Problematik zeigen können, dass für Braunkohle immer noch Kirchen abgerissen werden."
Jacques Tilly: "Kleines Zeichen, dass wir am Leben sind"
Karnevalswagenbauer Tilly schickt am Montagmittag zudem acht Entwürfe durch die Stadt. Damit es nicht zu Menschenansammlungen komme, würden sie nicht im Konvoi, sondern einzeln auf verschiedenen Routen auf Anhängern durch die Straßen gefahren. "Es geht ja darum, dass das coronakonform stattfindet", sagte Tilly der Deutschen Presse-Agentur. "Wer Glück hat, kann sie sehen. Es ist ein kleines Zeichen, dass wir noch am Leben sind."
Tilly findet es absolut richtig, dass der Rosenmontagszug wegen Corona abgesagt worden ist. "Die Narrenfreiheit beinhaltet nicht, dass man andere Menschen gefährdet", sagte er. Natürlich gebe es dieses Jahr besonders viele reizvolle Themen, etwa Corona-Leugner, Querdenker und Verschwörungstheoretiker.
Vermutlich werde er nun nie mehr einen Wagen mit Angela Merkel bauen, sagte Tilly, wobei die Kanzlerin nie ein so großes Thema für ihn gewesen sei. "Ich habe nie richtig böse Merkel-Wagen gebaut, weil's da keinen Anlass dafür gab." Mit ihrer "rationalen Politik der Geräuschlosigkeit" biete sie nur wenige Angriffsflächen. "Ich glaube, im Rückblick wird man sich noch sehr positiv an diese Zeit erinnern", sagte Tilly.