Alles unter Kontrolle" - so lakonisch kommentierten russische Behörden bislang Meldungen, dass sich die Feuer in den Wäldern und auf den Torfflächen atomaren Wiederaufbereitungsanlagen und radioaktiv verseuchten Gegenden nähern. Berichte über Brände in diesen Gebieten wurden ignoriert oder dementiert.
Jetzt bestätigten die Behörden erstmals, dass Feuer an Orten wüten, die durch die Tschernobyl-Katastrophe verseucht wurden. Allein in der Gegend um die Stadt Brjansk seien vor wenigen Tagen 28 Brände auf einer Fläche von 269 Hektar gezählt worden, teilte die Waldschutzbehörde am Mittwoch nach Angaben der Agentur Interfax mit. Russlands oberster Amtsarzt, Gennadi Onischtschenko, sowie die lokale Zivilschutzbehörde hatten hingegen erklärt, es gebe keine Feuer im Raum Brjansk. Die Region nahe der Grenze zu Weißrussland und der Ukraine war durch die Atomkatastrophe im nahe gelegenen ukrainischen Tschernobyl 1986 schwer verstrahlt worden.
"Es gibt Karten, auf denen die radioaktive Verschmutzung zu sehen ist, und es gibt Karten, auf denen die Feuer zu sehen sind. Wenn man diese Karten aufeinanderlegt, wird jedem klar, dass es in radioaktiven Gebieten brennt", schrieb die Behörde. Auch in anderen Regionen mit radioaktiver Strahlung habe es gebrannt, etwa in der Gegend von Tscheljabinsk am Ural, räumte die Behörde ein. Dort befinden sich mehrere Atomanlagen.
Umweltschützer warnen seit Tagen vor Strahlung
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte bereits zu Wochenbeginn von Dutzenden Bränden in radioaktiv verseuchten Gegenden gesprochen. Die Aktivisten warfen den Behörden vor, die Bevölkerung über die radioaktive Gefahr im Unklaren zu lassen. Sie warnen davor, dass die Brände radioaktiv verseuchte Partikel aufwirbeln könnten, etwa in den Gebieten rund um die atomare Wiederaufbereitungslage Majak am Ural sowie um Brjansk. Beide Regionen zählen wegen der Verstrahlung infolge der Atomkatastrophen 1957 beziehungsweise 1986 zu den gefährlichsten der Welt.
Der Deutsche Wetterdienst teilt mit, eventuell aufgewirbelte radioaktive Partikel würden in den kommenden Tagen durch den Wind voraussichtlich nach Nordwesten in Richtung Osteuropa, Baltikum und Südschweden getrieben werden.
Unterdessen bekommen die Rettungskräfte die Waldbrände in Russland auch nach Wochen nicht in den Griff. Innerhalb eines Tages seien 290 neue Feuer ausgebrochen, teilte das Zivilschutzministerium in Moskau mit. Es seien auch mehr als 300 Brände gelöscht worden. Insgesamt zählte das Ministerium landesweit noch immer 600 Feuer.
In Moskau entspannte sich die Lage, der giftige Qualm verzog sich vorerst. Allerdings lodern noch immer zahlreiche Feuer in der Nähe der Hauptstadt. Meteorologen warnen daher, dass sich die Situation in den kommenden Tagen erneut verschlimmern könnte.