Wasser und Zahl der Toten steigt Streit um Öffnung von Bangkoks Schleusen

Die Verzweiflung der Flutopfer in den Außenbezirken von Bangkok wächst. Nun gruben einige selbst Gräben, damit mehr Wasser ablaufen kann. Der Gouverneur verurteilt die Aktion, während die Ministerpräsidentin es noch immer ablehnt, den Ausnahmezustand zu verhängen und die Zahl der Toten weiter steigt.

Verärgerte Bewohner überschwemmter Außenbezirke von Bangkok bringen die Stadt nach Angaben des Gouverneurs erneut in Hochwassergefahr. Sie begannen, selbst Ablaufrinnen rund um eine Schleuse auszuheben. Er ordnete die Reparatur einer Kanalschleuse rund 20 Kilometer nordöstlich des Zentrums unter Polizeischutz an. Wasser von dort drohe einen Kanal zu überschwemmen, der mitten durch Bangkok fließt. 17 der 50 Bangkoker Bezirke sind teilweise überschwemmt. Das Zentrum mit Banken, Firmen und Hotels blieb bisher hingegen trocken.

Die Medien sahen darin einen Kampfansage von Gouverneur Sukhummpand Paribatra an Regierungschefin Yingluck Shinawatra. Yingluck hatte unter dem Druck der Anwohner und gegen den Widerstand des Gouverneurs die Öffnung der Schleuse angeordnet. Die beiden, die rivalisierenden politischen Parteien angehören, hatten schon vor zehn Tagen um Kompetenzen gerangelt.

Arbeiter schütteten die von Flutopfern ausgehobenen Gräben am Mittwoch wieder zu. Etwa 100 Polizisten hielten dabei Wache. "Wir bleiben 24 Stunden hier um sicherzustellen, dass sich niemand mehr an der Schleuse zu schaffen macht", sagte der Polizist Ek Ekustra.

Wasser in Außenbezirken könnte bis auf 1,60 Meter steigen

"Wir stehen seit mehr als einem Monat unter Wasser, die Leute haben die Nase voll", sagte der Lehrer Somsak Jitchuen (42). "Nur, weil wir in den Außenbezirken leben, gelten wir nichts. Wenn die Innenstadt von Bangkok ein paar Tropfen Wasser abbekommt, spricht jeder darüber."

Wenn die Reparatur fertig ist, könnte das Wasser dahinter bis auf 1,60 Meter steigen. "Ich gehe niemals fort", sagte Cheun Boonthran (88) von einem Plastikboot aus. "Ich bin hier geboren und ich werde hier sterben."

Die Zahl der Toten aufgrund der schweren Überschwemmungen ist mittlerweile auf über 400 gestiegen. Angaben der Regierung vom Mittwoch zufolge kamen mindestens 427 Menschen ums Leben, bisher war von rund 380 die Rede gewesen. Angaben über Tote in der Hauptstadt Bangkok enthält der Bericht nicht. Bangkoks Stadtzentrum wurde bislang von den Fluten verschont, die Außenbereiche der Stadt stehen dagegen teilweise hüfthoch unter Wasser.

Ministerpräsidentin verhängt keinen Ausnahmezustand

Thailands Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra lehnt es bislang ab, auf Forderungen der Opposition einzugehen, den Ausnahmezustand zu verhängen. Dadurch würde das Militär mehr Befugnisse erhalten und könnte den überschwemmten Kommunen besser helfen. Armeechef Prayut Chan-o-Cha sagte jedoch, es seien Konfrontationen zwischen Soldaten und Bürgern zu befürchten. Bis Dezember sei das Problem ohnehin gelöst.

Thailand erlebt seit etwa drei Monaten die heftigsten Regenfälle und Überschwemmungen seit Jahrzehnten. Besonders betroffen sind der Norden und das Zentrum des Landes. Neun Millionen Menschen verloren ihre Bleibe, tausende Fabriken mussten geschlossen werden.

DPA
kave/DPA/AFP

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