Jiu-Jitsu Hier wurde der Facebook-Gründer zur Kampfmaschine. Unsere Autorin hat im Zuckerberg-Gym trainiert

Guerilla Jiu-Jitsu in San Jose
Im Guerrilla Jiu-Jitsu San Jose-Studio trainiert auch Mark Zuckerberg. Kürzlich postete der Facebook-Gründer Fotos von sich in voller Trainingsmontur mit dem Besitzer Dave Camarillo auf Instagram.
© Alexandra Kraft
In den letzen Monaten hat sich Mark Zuckerberg zu einem Kämpfer gewandelt. Er trainiert Jiu-Jitsu. Unsere Autorin besuchte ein Studio im Silicon Valley, für das der Meta-Chef antritt.

Natürlich hatte ich meine Erwartungen an das Jiu-Jitsu-Studio, in dem Mark Zuckerberg trainiert und für das er als Blau-Gurt antritt. In meiner Fantasie habe ich es mir sehr edel vorstellt. Hochglanz weiß, mit edlen Holzfußböden und parfümierter Luft. Gurkenwasser am Eingang. Und vorgewärmte Handtücher in der Umkleide. 

Die Ernüchterung kam schon bei der Anfahrt. Per Internetformular hatte ich mich für eine kostenlose Probestunde bei Guerrilla Jiu-Jitsu in San Jose, Kalifornien, angemeldet. Je nach Verkehr sind es von Mark Zuckerbergs Haus in Palo Alto etwa 20 Minuten über breite und vielbefahrene Straßen. Um dann abrupt in einem recht heruntergekommenen Viertel zu enden. Es ist kurz vor elf Uhr morgens. Zwei Blocks vor dem Studio verhandeln Prostituierte auf dem Straßenstrich mit ihren Freiern durch Autofenster. Da kontrolliere ich zum ersten Mal, ob ich die richtige Adresse in mein Navi eingegeben habe. 

Das zweite Mal mache ich das, als ich ein riesiges Obdachlosen-Camp unter einer nahen Brücke passiere. Und dann wieder als ich auf dem Gehweg zwei offensichtlich sehr zugedröhnte Männer liegen sehe. Kann das hier richtig sein? Ja, das ist es wohl. Zwischen Baustellen und gerade fertiggestellten neuen Apartment-Blocks klemmt das graue Gebäude, in dem sich Guerrilla Jiu-Jitsu befindet. Von hier hat der Facebook-Gründer stolz Bilder von sich mit einem blauen Gurt und seinem Trainer Dave Camarillo gepostet. Für dieses Studio tritt er an. Die große Glasfront mit der blauen Aufschrift ist verstaubt. Zwischen Bauzaun und Haus führt der Weg auf einen Parkplatz im Hinterhof.

In der Luft hängt Schweißgeruch

Hinter einer unscheinbaren Tür stehen Wäschetrockner und Waschmaschine. Über einen schmalen Gang geht es in den Trainingsraum. An den Wänden hängen Bilder von Kämpfern und Kämpfen. Außerdem die Verhaltensregeln. "Wenn Trainer etwas während des Unterrichts erklären, müssen die Schüler entweder sitzend oder stehend in einer guten Haltung zuhören", heißt es da unter anderem.

Auf der Matte ringen zwei Männer in weißen Sportuniformen miteinander. Anders als von mir erwartet, riecht es nicht nach Parfüm. Im Gegenteil, in der Luft hängt eine saure Mischung aus Schweiß, Feuchtigkeit und Schimmel. Und nach vorgewärmten Handtüchern sieht es hier auch nicht aus. Ein Blick in die offen stehende Tür zur Damentoilette offenbart brutale Schlichtheit. Eine Toilette, ein Waschbecken, ein Mülleimer – das war es auch schon. Die vermeintlich luxuriöse Umkleide ist eine Reihe von Holzverschlägen mit einfacher Gardine in der Ecke des Studios. 

Die Begrüßung ist freundlich. Der Trainer mustert mich kurz und ruft dann einem Helfer die für mich passende Anzug-Größe zu. Schnell wird mir ein weißer Kampfanzug gereicht. Nach und nach kommen die anderen Kurs-Teilnehmer an. Bei allen wiederholt sich dasselbe Ritual. Innerhalb von zehn Minuten sind alle mit Anzügen mit der schwarzen Aufschrift "Guerilla" auf der linken Schulter ausgerüstet. Angemeldet habe ich mich zu dem Kurs "Jiu-Jitsu Fundamentals". 

Umgeben bin ich von elf Männern, deren Gürtel von weiß (Anfänger wie ich) bis braun (sehr fortgeschritten) reichen. Nach einer kurzen Verbeugung vor Coach Chris geht es dann los. Runden laufen, hüpfen, rückwärts rennen und Hampelmänner. Dann Purzelbäume – vorwärts und dann rückwärts. Ist ein paar Jahre her, dass ich das gemacht habe. Aber Chris lässt mich nicht entkommen. Unter seinem strengen Blick rolle auch ich über die Matte.

Dann eskalieren die Dinge allerdings rechts schnell. Ich werde Omid (Name geändert) zugeteilt. Er trägt einen lila Gurt, er trainiert also mindestens seit zwei Jahren Jiu-Jitsu und soll mir heute Grifftechniken beibringen. Genauer heißt das, dass er sich auf meinen Oberkörper und Kopf setzt und versucht, meine ineinander verhakten Hände zu trennen. Erst, indem er einfach daran zieht, später dann, indem er seine Füße, Beine und was er sonst noch hat, dagegen stemmt. 

Innenraum. Guerrilla Jiu-Jitsu San Jose
Auf dieser Matte stand schon Mark Zuckerberg: Die Einrichtung des Kampfstudios ist auf das Wesentliche reduziert. Umgezogen wird hinter einem einfachen Vorhang in der Ecke des Studios.
© Alexandra Kraft

Zuckerberg? Ein "netter Kerl"

Ich bin keine echte Gegnerin für ihn, eher Opfer. In den kurzen Pausen reden wir ein bisschen. Er erzählt, dass er Zuckerberg hier auch schon gesehen habe. "Er macht keine Show, er ist einfach hier, netter Kerl", sagt er schnell. Mehr mag er nicht verraten, wie alle hier, die offensichtlich Diskretion versprochen haben. Er ist selbst Programmierer und nutzt eine vorgezogene Mittagspause im Homeoffice für das Training. Nach 50 Minuten habe ich die Hoffnung, aus meiner Kampfposition auf dem Rücken endlich entlassen zu werden.

Aber weit gefehlt. Das war alles nur Vorspiel. Jetzt wird richtig gekämpft. Zwei Mal fünf Minuten. Für mich heißt das, dass ich nach drei Sekunden und einem geschickten Wischer mit dem Fuß gegen meine Beine schon das erste Mal krachend auf der Matte lande. Und eigentlich von da an auch nicht mehr wieder auf die Füße kommen – sondern in den verschiedensten und sehr unbequemen Postionen niedergerungen werde. Kurzum: Ich habe nicht den Hauch einer Chance. Und mein Gegner kein Mitleid mit mir.

Am Ende bin ich nassgeschwitzt, zähle am Abend acht Blutergüsse an diversen Körperstellen. Als er mich aus dem letzten Griff entlässt, sagt Omid: "Gut gemacht, du hast nicht aufgegeben." Eine Mitgliedschaft bei Guerilla Jiu-Jitsu kostet für sechs Monate unbegrenztes Training jeweils 229 Dollar pro Monat. Am Ausgang liegt ein Flyer, auf dem ein Jiu-Jitsu-Turnier am 2. September in San Jose angekündigt wird. Ob da auch Mark Zuckerberg wieder antreten wird, frage ich den Mann an der Anmeldung. Er gibt mir keine Antwort, sondern lächelt nur.

Unsere Autorin Alexandra Kraft hat auch mit Trainer Steven Chao gesprochen, der zum engen Zirkel von Mark Zuckerberg gehört. Wie dieser "Zuck" erlebt, lesen Sie hier: 

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