Honigbienen in den USA können künftig geimpft werden. Allerdings nicht mit einer Spritze, sondern mit Hilfe einer "Schluckimpfung". Das Vakzin, das die Insekten oral aufnehmen, soll vor der Amerikanischen Faulbrut schützen – einer weltweit verbreiteten, infektiösen Krankheit, die jährlich ganze Bienenvölker befällt und vernichtet. Das US-Landwirtschaftsministerium hat kürzlich eine bedingte Lizenz für den Impfstoff erteilt, der von Dalan Animal Health, einem US-amerikanischen Biotech-Unternehmen, entwickelt wurde.
"Durchbruch beim Schutz von Honigbienen"
"Unser Impfstoff ist ein Durchbruch beim Schutz von Honigbienen", zitiert der "Guardian" Annette Kleiser, Geschäftsführerin von Dalan Animal Health. "Wir sind bereit, die Art und Weise, wie wir uns um Insekten kümmern, zu ändern und die Lebensmittelproduktion auf globaler Ebene zu beeinflussen." Der Impfstoff soll zuerst für kommerzielle Imker zugänglich sein. Die Amerikanische Faulbrut ist eine bakterielle Erkrankung, die ausschließlich die Brut der Bienen infiziert. Der Erreger befällt die Larven und lässt sie in den Bienenstöcken verfaulen.
"Es ist etwas, das Imker leicht erkennen können, weil es die Larven zu dieser braunen Schmiere reduziert, die einen ranzigen Geruch hat", erklärt Keith Delaplane, Entomologe an der University of Georgia, die bei der Entwicklung des Impfstoffs mitgewirkt hat, der britischen Zeitung. Die Krankheit breitet sich in den dicht bevölkerten Bienenstöcken rasend schnell aus. Ein Heilmittel gab es bisher nicht. "Es handelt sich um eine anzeigenpflichtige Tierseuche. Imker müssen den Befall dem Veterinäramt melden", informiert das Friedrich-Löffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
Immunschutz soll von Königin auf Larven übertragen werden
Da die Sporen des Erregers ausgesprochen widerstandsfähig und langlebig sind, müssen alle Gerätschaften, die Bienenbeute sowie das gesamte Bienenvolk als infektiös betrachtet werden, schreiben die Experten vor. Die effektivste Methode zur Bekämpfung der Faulbrut sei das Verbrennen des infizierten Volkes. Nach Angaben des "Guardian" sind in den USA in manchen Regionen ein Viertel der Bienenstöcke betroffen. Der Impfstoff, der die Insekten resistent gegen die Krankheit machen soll, basiert auf abgetöteten Fragmenten des Erreger-Bakteriums Paenibacillus Larvae.

Zuerst soll die Bienenkönigin immunisiert werden. Der Impfstoff soll in das Gelee Royale eingearbeitet werden. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus den Sekreten der Futtersaftdrüse und der Oberkieferdrüse der Arbeiterinnen, mit dem die Bienen ihre Königinnen aufziehen. Diese nehmen über das Gelee dann den Impfstoff auf, von dem ein Teil in den Eierstöcken gespeichert werden soll. Die Königin – die als einzige weibliche Biene befruchtete Eier legt – gibt den Immunschutz so wiederum an die Larven weiter. Die dazu durchgeführten Studien von Dalan Animal Health deuten laut Bericht des "Guardian" darauf hin, dass dies die Sterblichkeitsrate unter den Bienen bei einem Befall mit der Fäulnisbrut verringert wird.
Lebensmittelproduktion in den USA stark abhängig von Wildbienen
Der Schutz der Insekten hat eine wichtige Bedeutung für die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit auf der ganzen Welt. "Jede Bedrohung von Bestäubern wie Bienen ist eine Gefahr für die Menschheit, zumindest für ihre Versorgung mit Lebensmitteln und die Artenvielfalt", fasste die "Süddeutsche Zeitung" vor einigen Monaten den Tenor von Studien mit Blick auf den Beitrag von Bienen zum Ökosystem zusammen. Die FAO, die für Ernährung und Landwirtschaft zuständige Organisation der UN, schätzt den Wert der Ernten von Nutzpflanzen, deren Ertrag davon abhängt, dass ihre Blüten bestäubt werden, auf 235 bis 577 Milliarden Dollar im Jahr.
Acht Hörbücher für mehr Liebe zu Insekten

Die Bienenkönigin der Autorin und Biologin Claudia Praxmeyer ist ein spannender Jugendroman. Mel, die Heroin der Geschichte, lebt in einer Wohngemeinschaft in San Francisco. Sie ist fasziniert von einem im Garten lebenden Bienenschwarm und entdeckt dabei ihre besondere Gabe: Sie kann mit den Bienen singen und in engen Grenzen mit ihnen kommunizieren. Eines Tages sieh sie, wie die Bienen ein anderes Insekt bekämpfen und töten. Der Eindringlich war kein Insekt, sondern eine Art Mini-Drohne, stellt sie bei der Untersuchung der Überreste fest. Dann mehren sich die Berichte von plötzlich verschwundenen Bienenvölkern in der Region. Mel macht sich auf die Suche nach dem Bienenkiller und stößt alsbald auf viel größere Zusammenhänge.
Besonders die Rolle von Wildbienen in der landwirtschaftlichen Großproduktion ist größer als bisher angenommen, berichtete "Der Standard" im Sommer. Der monetäre Wert der Bestäubung wichtiger Nutzpflanzen durch Wildbienen in Nordamerika liege laut einer im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Studie bei rund 1,3 Milliarden Euro. Wie bedeutend die Insekten für die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion in Nordamerikas sind, zeigt auch eine Analyse von Wissenschaftlern verschiedener Universitäten in den USA und Kanada, die "Der Standard" in dem Bericht zitiert.
Die Forscher untersuchten die Abhängigkeit von sieben für die nordamerikanische Agrarwirtschaft zentralen Nutzpflanzen von Wild- und Honigbienen. Bei fünf der untersuchten Pflanzenarten habe sich demnach ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Rückgang des Wildbienenbestands und einem Produktionsrückgang gezeigt. Der sinkende Bestand an Wildbienen bedroht den Ertrag der Obst- und Gemüse-Ernte in den USA und Kanada in erheblichem Ausmaß, schlussfolgert die Analyse. Der "alarmierende Rückgang" der Insekten ist laut "Guardian" auf den Verlust von Lebensräumen, den Einsatzes von Pestiziden und die Klimakrise zurückzuführen.

Deshalb sei die USA inzwischen auch "ungewöhnlich abhängig" von Honigbienen als Bestäuber für Nutzpflanzen. Bienenvölker werden teilweise über lange Strecken transportiert, um an den wichtigsten Anbauorten "eingesetzt" werden zu können. Das wiederum könnte eine der auslösenden Ursachen für Krankheiten sein. Seitdem Honigbienen kommerzialisiert und für die Landwirtschaft genutzt werden, seien sie einem ganzen "Cocktail" an Krankheiten ausgesetzt, schreibt der "Guardian". Krankheiten, die eine große Anzahl von Bienenkolonien verwüsten und Eingriffe der Imker erfordern, wie bei der Amerikanischen Faulbrut.
Der Impfstoff mache aber Hoffnung. Dalan Animal Health ist sich sicher, dass man die aktuellen Erkenntnisse nutzen könne, um Impfstoffe für andere Bienenkrankheiten zu finden, wie zum Beispiel die europäische Version der Faulbrut.
Quellen: "Der Standard", Food and Agriculture Organization, Friedrich-Löffler-Institut, Österreichischer Rundfunk, "Süddeutsche Zeitung", "The Guardian"