Peking steht vor einem Problem: Wie kann man die inneren Geheimnisse der Grabanlagen des ersten Kaisers Qin Shi Huang erforschen, ohne die Terrakotta-Armee, die ihn bewacht, zu zerstören?
In den Anfängen der Archäologie waren die Sucher ziemlich skrupellos. Wenn sie auf der Suche nach einem Schatz oder Königsgrab waren, wurden die Schichten darüber rücksichtslos abgetragen. So wollen die Chinesen heute nicht vorgehen. Die Funde werden nur dann freigelegt, wenn garantiert ist, dass sie auch bewahrt und konserviert werden können. Heute schätzt man, dass der Kaiser von etwa 8000 Mann umgeben wurde. 2000 wurden bereits ans Licht gebracht.
Die Umgebung bewahrte die Farbenpracht
"Als die Keramikfiguren zum ersten Mal ausgegraben wurden, waren sie meist farbig, mit roten Gürteln und dunkler Rüstung, aber es fehlte uns damals an Konservierungsfähigkeiten und die Farben verblassten", so der Archäologe Liu Zheng.
Aber trotz des enormen Aufwands – es kursieren Videos, die Hunderte von Konservatoren bei der Arbeit zeigen – ist überhaupt nicht abzuschätzen, wann die riesige Anlage freigelegt sein wird. Über 40 Jahre arbeiteten Hunderttausende an der Totenstadt, sie ist 70-mal so groß wie der Sitz des Kaisers in Peking – die sogenannte "Verbotene Stadt".
Okkulter Mythos
Dort wird der erste Kaiser von Tausenden von Soldaten seiner Terrakotta-Armee bewacht, sie stellen die erste Qin-Armee dar. Die Arbeiten müssen sehr vorsichtig geschehen, denn unter dem Einfluss von Sauerstoff verbleichen die leuchtenden Farben der Soldaten schnell. Die Terrakotta-Armee erfüllt China mit Stolz, aber das größte Geheimnis liegt unter ihr. Die Nekropole wurde nie geöffnet und geplündert. Alles ist in dem Zustand wie zur Zeit des Todes des ersten Kaisers. Also muss auch die Grabkammer noch intakt sein und dort befindet sich der Sarg von Huang, der ab 221 v. Chr. elf Jahre lang regierte. Die Schätze der Totenstadt dürften nur ein Abglanz der Funde sein, die in dieser Kammer warten. Dazu ranken sich zahllose Legenden um die letzte Ruhestätte des grausamen Kaisers. Chinas erster Kaiser war von okkulten Kräften besessen, er soll mit Magie nach dem ewigen Leben gesucht haben.
Kein Wunder also, dass die Wissenschaftler nicht Hunderte von Jahren warten wollen, bis die Bergungsarbeiten die Kammer erreichen. Sie wollen einen sogenannten Myonen-Detektor einsetzen, um den Raum aufzuspüren. Diese Teilchen entstehen, wenn kosmische Strahlen auf die Erdatmosphäre stoßen. Die Myonen werden von dicken, dichten Objekten absorbiert, durchdringen aber leichtere Materialien. Derartige Detektoren wurden bereits bei den Pyramiden, in Vulkanen und Höhlen eingesetzt.
Bedarf für einen Detektor
"Als alte Zivilisation mit einer langen Geschichte verfügt China über eine große Anzahl von kulturellen Relikten, die archäologisch erforscht werden müssen", so die Wissenschaftler der Beijing Normal University. "Für die nicht-intrusive Erkennung der inneren Struktur einiger großer Artefakte, wie z. B. kaiserlicher Gräber, haben die traditionellen geophysikalischen Methoden, die in der Archäologie verwendet werden, gewisse Grenzen. Die Anwendung der Myonenabsorption im archäologischen Bereich kann eine wichtige Ergänzung zu den traditionellen geophysikalischen Methoden sein", hoffen sie.
Die Forscher sind überzeugt, dass die Methode Erfolg haben wird. Bevor sie an die eigentliche Arbeit gehen, hatten sie Dummies von Grabkammern angelegt und vergraben, um so die Leistungsfähigkeit des Detektors zu überprüfen. Mit Erfolg, nun sind sie überzeugt, dass ihr Gerät die echte Kammer finden wird. Der Detektor wurde eigens für diese Aufgabe entwickelt. Dikun Yang, Assistenzprofessor für Geophysik an der Southern University of Science and Technology in Shenzhen, sagte, dass er so klein geworden sei, dass er von einem Kind getragen werden könne. Die Größe ist wichtig, denn der Detektor kann nicht einfach in einem Karren über die Oberfläche gezogen werden, er wird in den Boden eingelassen. Je kleiner das Gerät ist, umso einfacher wird es, ihn in die Tiefe zu bringen, ohne andere Fundstücke zu beschädigen.
Begründer des Reiches
Qin Shi Huang sorgte sich schon in jungen Jahren um sein Weiterleben. Mit dem Bau seines Grabes wurde begonnen, als er den Thron von Qin – einer der damaligen chinesischen Teilstaaten – bestiegen hatte. Er war damals erst 13 Jahre alt. Qin Shi Huang eroberte die anderen Teilstaaten und gilt daher als erster Reichseiniger. Seine Reformen in der Verwaltung, der Sprache und bei Maßen und Gewichten prägten das chinesische Kaiserreich. Er gilt auch als Gründer der Chinesischen Mauer, die ihren Ursprung in seinen Befestigungsanlagen hatte.
Qin Shi Huang war ein rationaler Machtmensch, hatte aber auch ein enormes Interesse am Okkulten. Vor allem am ewigen Leben. Auf "kaiserlichen Inspektionsreisen" versuchte er Magier oder Alchemisten zu finden, die ihm ein Lebenselixier brauen sollten. In diesem Zusammenhang muss man auch das einzigartige Mausoleum sehen.