"Ich hatte schon Bammel, es schmeckte nicht sehr gut, ein bisschen wie Brackwasser oder so, es war recht eklig": So beschreibt der Medizin-Nobelpreisträger Barry Marshall (54) den entscheidenden Moment seiner Forscherkarriere. In einem spektakulären Selbstversuch schluckte der Australier 1983 einen speziell gemixten Cocktail mit Milliarden von Bakterien - schon eine Woche später tauchten die ersten akuten Symptome einer Magenschleimhautentzündung (Gastritis) auf, die er mit Antibiotika rasch heilte.
Die Fachwelt ignorierte die Ergebnisse anfangs
Anerkennung brachte ihm sein Ergebnis zunächst nicht, und Marshall hatte lange mit Kollegen zu kämpfen. Fachzeitschriften weigerten sich anfangs, die gemeinsamen mit seinem Kollege Robin Warren verfassten Artikel zu veröffentlichen - so unglaublich erschien ein lebendes Bakterium im Magen. Immerhin: Eine Lokalzeitung in Perth berichtete über die bahnbrechende Entdeckung. Für den Magenpatienten Bill Wrathall war es die Rettung. Eigentlich sollte er am selben Tag in Perth operiert werden, an dem der Bericht erschien. Stattdessen ließ sich Wrathall als einer der ersten Patienten von Marshall und Warren mit Antibiotika behandeln, wurde gesund und aß und trank schon bald wieder wie vor seiner Erkrankung. Kollegen betrachteten Marshall und Warren hingegen eher als Sonderlinge.
Marshall wurde am 30. September 1951 in der Goldgräberstadt Kalgoorlie im Wilden Westen Australiens geboren. Nach dem Studium an der Universität von Western Australia und praktischen Erfahrungen am Royal Perth Hospital ließ er sich 1986 vorübergehend mit Frau Adrienne und vier Kindern in den USA nieder. Er wollte neben seiner Tätigkeit an der Universität von Virginia die Kunde von der neuen Therapie schneller verbreiten. Unermüdlich hielt er Vorträge auf der ganzen Welt. Im Duo mit Warren war er der Mann für die Öffentlichkeitsarbeit.
1994 kam für den Forscher der endgültige Durchbruch: Die Erkenntnisse wurden von der entscheidenden Institution in den USA, einem Rat der Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH), anerkannt. Im selben Jahr stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Helicobacter pylori als Krebs erregend ein. Immer wieder hatte Marshall die Pharmaindustrie angeprangert: Seiner Meinung nach war sie aus Profitgier nicht schnell genug auf die neue und viel billigere Behandlungsmethode von Magengeschwüren eingegangen.
DPA