Bestimmte Nervenzellen im Gehirn von Säugern sind ausschließlich für das Registrieren neuer Geräusche zuständig. Auf diese Weise gelingt es dem Gehirn, unwichtigen Hintergrundlärm aus der Vielzahl der akustischen Reize herauszufiltern. Das haben spanische und amerikanische Neurowissenschaftler entdeckt, als sie einzelne Zellen im Gehirn von Ratten untersuchten. Die spezialisierten Hörnervenzellen reagieren nicht auf sich wiederholende Laute, werden aber sofort aktiv, wenn sich beispielsweise deren Tonlage verändert. Da offenbar alle Wirbeltiere über diesen Zelltyp verfügen, kommt er mit größter Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen vor, sagen die Forscher. Ellen Covey von der Universität von Washington in Seattle und ihre Kollegen berichten über ihre Forschungsarbeit im Fachmagazin "European Journal of Neuroscience" (Bd. 22, Nr. 11, S. 2879).
Torwächter für die Hirnrinde
Die besonderen Nervenzellen waren bereits vor Jahren bei Fröschen entdeckt worden. Durch die Studie an den Ratten konnten Forscher sie nun erstmals auch im Gehirn eines Säugetiers nachweisen, und zwar unterhalb der Hirnrinde in einer bestimmten Region des Mittelhirns. Die Zellen fungieren gewissermaßen als Torwächter, die verhindern, dass Informationen über unwichtige Geräusche die Hirnrinde erreichen. Treten aber plötzlich Änderungen in der Tonhöhe, Lautstärke oder Länge einzelner bekannter Töne auf, können die Zellen das feststellen. Sogar Veränderungen im Muster einer komplexen Serie von Lauten werden von ihnen registriert, entdeckten die Forscher.
Laut Covey ist die Fähigkeit der Zellen, sich an bekannte Geräusche zu erinnern und neue zu erkennen, eine relativ anspruchsvolle kognitive Aufgabe. Offenbar erfolge demnach das Sortieren und Identifizieren von Geräuschen schon sehr früh auf dem Weg der Signalübertragung vom Ohr zum Gehirn. Zudem könnten die spezialisierten Hörnervenzellen dabei helfen, die Aufmerksamkeit des Gehirns auf unerwartete Geräusche zu lenken und möglicherweise schnelle Reflexantworten auszulösen.
Monotone Geräusche werden ausgeblendet
Eine solche Fähigkeit erlaube es Menschen, Hintergrundgeräusche wie das Brummen des Automotors während der Fahrt auszublenden, sagt Covey. Wenn der Motor aber plötzlich anfängt, ein seltsames Geräusch zu machen, würden die spezialisierten Nervenzellen sofort unsere Aufmerksamkeit wecken. Die Wissenschaftlerin glaubt, die auf Neues spezialisierten Nervenzellen könnten in Zukunft bei der Erforschung von neuronalen Mechanismen einen wichtigen Beitrag leisten. So könnten sie etwa helfen, Prozesse, die Erinnerungen, Voraussagen und der selektiven Aufmerksamkeit zugrunde liegen, besser zu verstehen.
DDP