Mit Verwunderung und Empörung haben viele in der Region darauf reagiert, daß es keinerlei Warnungen gegeben habe. Menschen flohen in Panik auf höher gelegene Gebiete. Berichte über Verletzte oder Schäden lagen zunächst nicht vor. Viele erfuhren erst in den lokalen Nachrichten über das Beben, das die Erdbebenwarte in Hongkong nachträglich bekannt gegeben hatte. Experten schätzen die Möglichkeiten einer Tsunamibildung bei dieser Größenordnung zwar als außerordentlich gering ein, dennoch zeigt der Vorfall wie hilflos und überfordert die Behörden in Sachen Warnungen sind.
Erst nachträglich über Beben informiert
Vergleichbar mit dem Beben vor genau einem Monat, bei dem etwa 2000 Menschen auf der Insel Nias vor Sumatra ihr Leben verloren, ist das jüngste Seebeben nicht. Erst die Meldungen über Tote hatte die Regierung in Indonesien dazu veranlaßt eine offizielle Tsunami-Warnung auszugeben. Doch der Warnautomatismus der Behörden scheint nach dem Motto zu funktionieren: Keine Toten, keine Warnung. Dabei gelten Seebeben als viel heimtückischer als Erdbeben. Ein Seebeben – das weiß die Menschheit spätestens seit dem 26. Dezember 2004 – kann eine globale Katastrophe auslösen. Nicht weniger als ein Dutzend Länder auf zwei Kontinenten beklagen Opfer, die bis heute auf cirka 350.000 Menschen beziffert werden. Die genaue Zahl wird man wohl niemals herausfinden.
Die deutsche Botschaft in Jakarta zeigte gewisses Verständnis für die indonesischen Behörden. "Die Erde bebt da so oft. Wenn man für jedes dieser Beben eine Warnung ausgibt, dann wird es wegen der Häufigkeit keine Warnung mehr sein", so ein Mitarbeiter der Botschaft in Jakarta. Abstimmungsprobleme gäbe es aber, fügte er hinzu. "Wenn das deutsche Warnsystem ab Oktober eingeführt wird, kann man falsche von richtigen Daten unterscheiden können."
Reporter kamen zu spät
Bezeichnenderweise gibt es keine Bilder von den panischen Reaktionen der Menschen auf Sumatra. Als die ersten Reporter vor Ort eintrafen, waren alle wieder zurückgekehrt. Die Journalisten hatten sich auf den Weg gemacht, als sie die nachträglichen Nachrichten von der Erdbebenwarte in Hongkong gehört hatten.
Homayoun Dara