Umstritten Ethikrat kritisiert Stammzellen-Experiment

Als "absolut inakzeptabel" befand der Ethikrat die neuesten Chimären-Experimente, in denen Göttinger Wissenschaftler menschliche Stammzellen in Affengehirne einspritzten.

Der Nationale Ethikrat will sich nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" im kommenden Monat mit so genannten Chimären-Experimenten deutscher Forscher beschäftigen. Das Vorgehen der Wissenschaftler, die menschliche Stammzellen in Gehirne von Tieren spritzen, sei "absolut inakzeptabel", sagte der Vorsitzende des Ethikrates, Spiros Simitis, dem Blatt. Die Forscher sollten zu den Versuchen Stellung nehmen, "damit der bioethische Diskurs nicht wieder überrannt wird". Es sei Eile geboten, denn "in den Laboren passiert sowieso schon mehr, als wir wissen". Mit dem aus der griechischen Mythologie stammenden Begriff Chimäre werden Mischwesen aus Mensch und Tier bezeichnet.

Hintergrund: Chimäre

Der Begriff Chimäre geht auf ein Feuer speiendes Ungeheuer aus der griechischen Sagenwelt zurück. Es bestand aus Teilen einer Ziege und eines Löwen sowie einem Drachen- oder Schlangenschwanz. Biologen bezeichnen als Chimäre ein künstlich aus zwei Individuen zusammengesetztes Lebewesen. Streng genommen wäre demnach jeder Empfänger einer Organspende eine Chimäre. Im Sprachgebrauch handelt es sich meist um Mischwesen aus verschiedenen Arten.

Bekannt wurde in den 1980er Jahren eine "Schiege", die aus Erbmaterial von Schaf und Ziege, bestand. Zudem gibt es Hühner, die wie Wachteln rufen. Zahlreiche Versuchsmäuse enthalten Gene des Menschen und produzieren so beispielsweise menschliche Antikörper oder Hormone.

Nach dem "Spiegel"-Bericht haben unter anderem Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen embryonale Stammzellen in das Gehirn von Affen gespritzt. Ein Teil der menschlichen Zellen habe sich dabei zu Nervenzellen entwickelt. Doch dass das Affengehirn sich dadurch dem des Menschen angenähert haben könnte, schließen die Wissenschaftler aus. "Diese wenigen menschlichen Zellen sind nur wie Sandkörner in einem Ozean", sagte der Bioforscher Ahmed Mansouri. Die Affen haben das Experiment nicht überlebt. "Sie haben Tumoren bekommen", sagte Mansouri.

Mehrere Forscherteams in Deutschland möchten menschliche Stammzellen in Versuchstiere einpflanzen oder haben es bereits getan. Sie möchten mit den Tierexperimenten testen, inwieweit sich Stammzellen in gewünschtes Gewebe verwandeln können. Ziel der Forschung ist es, später menschliche Stammzellen in Gehirne von Alzheimerkranken oder Patienten mit Herzschäden zu pflanzen und sie damit zu heilen.

DPA

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