Auf der Erde ist Sauerstoff allgegenwärtig, wie wir alle in jeder Sekunde unseres Lebens spüren. Auf anderen Planeten dagegen ist das lebenswichtige Gas Mangelware. Das macht eine bemannte Mission zum Beispiel auf dem Mars so enorm kompliziert. Da es viel zu teuer und umständlich wäre, Sauerstoff in großen Tanks immer wieder auf den im günstigsten Fall neun Monate Flug entfernten Roten Planeten zu transportieren, denken die Wissenschaftler schon seit längerer Zeit daran, Sauerstoff an Ort und Stelle zu erzeugen – aus den Zutaten, die dort vorhanden sind. Genau das ist der Nasa jetzt gelungen.
Mithilfe des "Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiments" – kurz "Moxie" genannt – wandelte der Rover Perseverance Kohlendioxid aus der Atmosphäre des Roten Planeten in Sauerstoff um, teilte die US-Raumfahrtbehörde am Mittwoch mit. Das Experiment fand am 20. April statt. Dabei spaltete "Moxie", äußerlich ein goldener Kasten von der Größe einer Autobatterie, über elektrische und chemische Prozesse das vorhandene CO2 auf und gewann auf diese Weise Sauerstoff. Nicht weniger als ein Meilenstein hin zu einer bemannten Mars-Mission in nicht allzu ferner Zukunft sowie zu einer späteren Besiedlung unseres äußeren Nachbarplaneten. Oder wie es die Nasa ausdrückt: "Das könnte den Weg von Science fiction zu Science fact ebnen."
Mars-Raketen brauchen mehr Sauerstoff als Astronauten
Geräte wie das "Moxie" könnten also Mars-Astronauten mit der nötigen Atemluft versorgen. Doch es geht sogar um noch mehr. "Sauerstoff ist nicht nur das, was wir atmen", erläutert Jim Reuter von der für das Experiment zuständigen Nasa-Direktion für Weltraumtechnologie-Missionen (STMD). Auch "Raketentreibstoff hängt von Sauerstoff ab, und künftige Entdecker werden darauf angewiesen sein, Treibstoff auf dem Mars zu produzieren, um die Heimreise anzutreten."
Um vier Astronaut:innen von der Marsoberfläche aufsteigen zu lassen, sind rund sieben Tonnen Raketentreibstoff notwendig, rechnet die Nasa vor. Um diese Menge Treibstoff zu verbrennen, brauche eine Rakete ein Vielfaches an Sauerstoff – in diesem Beispiel rund 25 Tonnen. Dagegen ist die Versorgung von Astronaut:innen mit Atemluft ein winziges Problem. "Astronauten, die ein Jahr auf der Oberfläche [des Mars, Anm. der Red.] verbringen, werden vielleicht eine Tonne verbrauchen", setzt "Moxie"-Forschungsleiter Michael Hecht vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) den Sauerstoff-Bedarf in Relation.
Wie häufig bei solchen Pioniertaten ist es noch ein langer Weg bis zum Einsatz im Ernstfall. "Moxie" hatte nach einer Betriebsstunde etwa 5,4 Gramm Sauerstoff erzeugt. Das reicht gerade einmal für zehn Minuten Atemluft bei normaler Aktivität eines Astronauten oder einer Astronautin, so Hecht. Aber das Experiment habe belegt, dass es funktioniert. "Und die Ergebnisse sind vielversprechend", stellt Jim Reuter von der SMTD fest.
Quelle: Nasa; Nachrichtenagentur DPA