Die nordische Mythologie feiert viele Arten von Kriegerinnen. Am bekanntesten sind die Walküren, die über das Schlachtfeld reiten und die tapfer Gefallenen nach Walhalla begleiten. Der Weg ins Jenseits führt über den Todesfluss Gjöll. Diese Brücke wird von der Jungfrau Modgud - was soviel wie zorniger Kampf bedeutet - bewacht.
Die Dichtung kennt dazu die Schild-Maiden: Frauen, die sich dem Leben als Krieger verschrieben haben. Die bekannteste von ihnen heißt Lathgertha – eine Kämpferin und erste Gemahlin des Wikinger-Helden Ragnar Lodbrok. Der Mythos von Ragnar und Lathgertha bildet auch den Grundstock der populären TV-Serie "Vikings". In der Serie wimmelt es geradezu von kriegerischen Amazonen. Ein wichtiger Grund für den Erfolg des blutigen TV-Spektakels. Weibliche Rollen als züchtiges Burgfräulein, wie in den Ritterfilmen der 1960er-Jahre wären heute nicht mehr zeitgemäß.
Seefahrer, Piraten, Plünderer

In der Fiktion sind die Kriegerinnen wohl beheimatet, doch mit konkreten historischen Belegen sah es anders aus: Beinahe wirkte es so, als wären die Wikingerinnen aus der Geschichte getilgt worden. Und vielleicht ist das nicht ganz falsch: Einem Kriegergrab mit dem sogenannten Birka-Skelett, welches gegen Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt wurde, wurde trotz deutlicher Hinweise immer wieder abgesprochen, dass es sich bei der bestatteten Person um eine Frau handeln konnte.

Zu groß war das Unbehagen an der Vorstellung einer bewaffneten Frau. Erst eine Analyse des Erbguts bewies das Geschlecht. Selbst diese Untersuchung aus dem Jahr 2017 wurde angezweifelt, doch eine erneute Untersuchung, veröffentlicht in "Antiquity" bestätigt nun einwandfrei: In dem Kriegergrab aus dem 10. Jahrhundert lag tatsächlich eine Frau. "Die Bestattete hat immer zwei X-Chromosomen getragen, auch wenn diese Tatsache vor unserer Arbeit unbekannt war", sagen die Autoren der Untersuchung, "die Bewohnerin dieses Grabes wird nie wieder als biologisch männlich gelten."
Eine Wikinger-Kriegerin? Das war undenkbar
Als man das Grab barg, machten sich die männlichen Forscher keinen Kopf über die Geschlechtszugehörigkeit. Es wurden panzerbrechende Pfeile und ein Kampfschwert gefunden, dazu die Ausrüstung eines Militärführers, also musste das Birka-Skelett ein Mann sein. So dachte man im 19 Jahrhundert und stellte so die eigenen Annahmen über den Forschungsgegenstand.
"Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass damals, als das Grab aufgenommen wurde, ein männliches biologisches Geschlecht nicht nur mit der Identität eines Mannes verschmolzen wurde, sondern dass davon ausgegangen wurde, dass das Kriegshandwerk eine ausschließlich männliche Beschäftigung war", so die Autoren.
Selbst die DNA wurde angezweifelt
Im Jahr 2017 ergab eine Analyse der DNA, dass das Skelett tatsächlich weiblich war. Doch diese Entdeckung sorgte für viel Aufruhr und Kritik. Es wurde angenommen, dass den Forschern ein Irrtum unterlaufen wäre und sie die DNA verwechselt hätten. Die Forscher selbst wehrten sich und wiesen die Behauptung zurück, sie hätten ein persönliches Interesse daran, dass die DNA weiblich sei.
Doch jetzt, nach der zweiten Untersuchung, in der die Kriegerin zweifelsfrei identifiziert wurde, ist es durchaus wahrscheinlich, dass sie nicht die Einzige war. Gut möglich ist auch, dass bereits andere bewaffnete Frauen gefunden wurden, ihr Geschlecht aber genauso weg-interpretiert wurde wie beim Birka-Fund.
Quelle: Antiquity
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