Im 9. Jahrhundert verheerten die Wikinger die Küsten West-Europas. Die lokalen Kleinkönige mit ihren feudal aufgebauten Heeren hatten den schnell auftauchenden Plünderern nichts entgegenzusetzen. Und auch wenn es zu einer großen Schlacht kam, trugen die Nordmänner meist den Sieg davon.
Bei ihrenm Reisen nach Westen machten die Wikinger nicht auf den britischen Inseln Halt. Sie gelangten bis nach Grönland und Neufundland. Aber bevor es dazu kam, besiedelten sie Island, wo ihre Nachkommen heute noch leben. Nun wurden dort zwei bisher unbekannte Langhäuser ausgegraben. Sie stammen aus der Zeit um 800 n. Chr.. Das ist deutlich früher als erwartet, bislang wurde die Besiedlung der Insel auf 874 n. Chr. datiert.
Unterhalb einer späteren Halle
Sie wurden erst jetzt entdeckt, da sich die Reste unter einem jüngeren Haus befanden. Einem sehr besonderen Haus, es wurde um 874 n. Chr. gebaut und barg reiche Schätze. "Das jüngere Langhaus ist das bisher reichste in Island", sagte Archäologe Bjarni Einarsson. "Es ist nicht schwer, daraus den Schluss zu ziehen, dass es sich um das Haus eines Häuptlings handelt," so Einarsson.
Dieses Haus enthielt Zierperlen, Silber und ein winziges Goldstück – insgesamt ist es der wertvollste Hort, der je in Skandinavien gefunden wurde. Unter den Funden befanden sich auch römische und nahöstliche Silbermünzen und viel "Hacksilber". Das wurde als nicht als Schmuckstück, sondern als Zahlungsmittel verwendet. Der Name geht darauf zurück, dass bei der Beuteteilung größere Gegenstände in handliche Stücke zerhackt wurden.
Saisonlager
Besonders auffällig ist, dass es keine Spuren von Haustieren gab, was darauf hindeutet, dass die älteren Häuser nicht von Bauern bewohnt wurden. "Meine Theorie ist, dass das ältere Langhaus ein saisonales Jagdlager war, das von einem norwegischen Häuptling betrieben wurde, der Reisen nach Island ausstattete, um Wertsachen zu sammeln, und über das Meer nach Norwegen zurückzubringen", so Bjarni Einarsson.
Chemische Analysen deuten darauf hin, dass das ältere Haus in den 800er Jahren gebaut wurde, lange vor der endgültigen Besiedlung Islands. Es ähnelt der Wikingersiedlung, die in L'Anse aux Meadows, im heutigen Neufundland in Kanada, entdeckt wurde und auf etwa 1000 n. Chr. datiert wird. "Dies war ein Muster für die Besiedlung der Inseln im Atlantischen Ozean", meint Einarsson. "Zuerst hatten wir die Saisonlager, und dann folgte die Besiedlung."
Bedeutung von Exportgütern
Auch Professor Helgi Skúli Kjartansson nimmt an, dass Saisonlagern stets einer Besiedlung vorangingen. Nur so konnte man klären, ob eine dauerhafte Siedlung dort überhaupt existieren konnte und ob es genug Artikel für den Export gab, denn ohne den Handel hätten die entlegenen Gebiete nicht überleben können.
Anders als in den Legenden berichtet, hätten die Menschen sich nicht zu Tausenden auf die Reise begeben, wenn sie nicht genau gewusst hätten, was sie erwartete, so Helgi Skúli. "Vor allem aber musste es ein starkes Zuckerbrot geben, um die Menschen über den Ozean zu locken." Für die risikoreichen Reisen benötigte man Güter von "hohem Wert und geringem Volumen." In Island waren das Pelze und Walrosszähne. Exportgüter waren in Island besonders wichtig, da dort keine Bäume wuchsen, deren Holz für den Schiffbau zu gebrauchen war.
Nach der Warmwetterperiode des 12. Jahrhunderts kühlte die Welt merklich ab. In ganz Europa wurden zu hoch gelegene Siedlungen verlassen. Und auch die Außenposten der Wikinger in Grönland und Amerika wurden aufgegeben, nur Island überdauerte, verlor aber seine politische Selbstständigkeit.
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