20 israelische Geiseln sind wieder bei ihren Familien. Und 2000 palästinensische Gefangene ebenso. Am Montag startete die Phase des Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas in Kraft, die diesen Austausch vorsah.
Danach stellten sich sich Staats- und Regierungschefs in Ägypten hinter den 20-Punkte-Plan von US-Präsident Donald Trump, der das Abkommen mit angestoßen hatte. Die zweite Phase der Verhandlungen über den Gazastreifen habe begonnen, erklärte Trump im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich.
Dass sich die zutiefst verfeindeten Konfliktparteien nach langem Ringen auf eine Waffenruhe verständigt und Hamas-Geiseln gegen palästinensische Gefangene ausgetauscht haben, wird als Meilenstein anerkannt. Bei der öffentlichkeitswirksam zelebrierten Erklärung von Scharm el-Scheich wird sich noch zeigen müssen, wie bedeutsam und belastbar sie ist.
So kommentieren Medien das Gaza-Abkommen und die Rolle von Donald Trump
"The Irish Times", Irland: "Die Hamas hat bereits begonnen, in Teilen des Gazastreifens, die von israelischen Truppen geräumt wurden, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Die humanitäre Lage ist weiterhin katastrophal. Der Gazastreifen liegt in Trümmern, seine Infrastruktur ist zerstört, seine Bevölkerung traumatisiert und obdachlos. Der Wiederaufbau – sowohl politisch als auch physisch – erfordert Ressourcen und Geduld, die bisher von keiner der beiden Seiten in ausreichendem Maße aufgebracht wurden. Die Frage, wie der Gazastreifen künftig regiert werden soll, steht im Vordergrund. Wer wird das Vakuum füllen, das durch den Rückzug Israels und den teilweisen Zusammenbruch der Hamas entstanden ist? Ägypten und Jordanien zögern, sich zu engagieren, da sie eine Verstrickung in Konflikte fürchten. Den Vereinten Nationen fehlen ein Mandat und die Ressourcen. Für US-Präsident Donald Trump besteht die Herausforderung darin, einen spektakulären Moment in etwas Stabileres zu verwandeln. Er hat ein Faible für Deals, ist dann aber wenig an deren praktischer Umsetzung interessiert. Ohne nachhaltiges Engagement, Geld, Diplomatie und Zurückhaltung könnte die Lage jedoch schnell wieder ins Chaos abgleiten."

"El Mundo", Spanien: "Donald Trump hat seine globale Führungsrolle bei der Neugestaltung des Machtgefüges im Nahen Osten eindrucksvoll inszeniert – mit einer Rede vor dem israelischen Parlament, in der er eine Doktrin des Friedens durch Stärke festschrieb. Sie hat den Gaza-Krieg zum Stillstand gebracht – und dürfte zweifellos direkten Einfluss auf laufende Kriege wie den in der Ukraine sowie auf mögliche künftige Konflikte, etwa zwischen den USA und Venezuela, haben. (...) Sein Tonfall war wohl übertrieben triumphal für eine so hochexplosive Region, doch die Botschaft des US-Präsidenten traf den Kern – und enthielt zugleich eine Warnung an Benjamin Netanjahu: Die militärische Macht habe ihre Grenze erreicht; nun sei die Zeit für Politik und Wiederaufbau gekommen."
Donald Trump und der Friedensnobelpreis
"Pravo", Tschechien: "Donald Trump ärgert sich darüber, dass er nicht den Friedensnobelpreis erhalten hat, obwohl er mehrmals Anspruch auf ihn erhoben hatte. Das Nobelpreiskomitee hat indes gut daran getan, ihm diese Auszeichnung nicht zu verleihen.
Vielleicht führt Trumps Engagement im israelisch-palästinensischen Konflikt zu einer Art von vorübergehendem Frieden. Doch was den Krieg in der Ukraine angeht, hat der US-Präsident kläglich versagt. Dabei stellte er nach seinem Einzug ins Weiße Haus gerade die Beendigung dieses Konflikts in Aussicht. Er wollte damit sein diplomatisches Meisterstück abliefern. Doch Trump hat die russische Aggression weder gestoppt noch verlangsamt. Leider ist das Gegenteil der Fall. Auf jede seiner Erklärungen, Warnungen und Drohungen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin folgte bisher immer nur eine Eskalation der mörderischen russischen Angriffe gegen ukrainische Zivilisten."
"Aftonbladet", Schweden: "Das israelische Militär hat in den vergangenen zwei Jahren mindestens 20.000 palästinensische Kinder getötet. Das sind zwei Prozent aller Kinder im Gazastreifen. Mindestens 953 davon sind Babys, jünger als ein Jahr. Mit einer der schwersten Militärmaschinerien der Welt hat Israel weite Teile Gazas in eine Mondlandschaft verwandelt. Bombenkrater. Krankenhäuser, Schulen und Häuser in Trümmern. Nun sollen die Verbrechen gegen das Kriegsrecht und die Menschlichkeit eine Pause einlegen. Im besten Fall sollen sie enden. Große westliche Zeitungen titeln mit der Freilassung von 20 Geiseln. Im israelischen Parlament, der Knesset, wird das gefeiert, und US-Präsident Donald Trump wird gehuldigt. Es wird spekuliert, ob Trump vielleicht doch den Friedensnobelpreis verdient. Doch von welcher Art Frieden sprechen wir? Nein, all das hat nicht am 7. Oktober 2023 begonnen. Seit 1947 geht von israelischer Seite ein ständiger Krieg gegen die Palästinenser vor sich. Bis heute hat Israel eine immer größere Kontrolle über das Leben der Palästinenser übernommen. Dass viele Palästinenser nun etwas durchatmen können, ist das Mindeste, was sie verdienen. Doch solange es ihnen nicht erlaubt ist, über ihren eigenen Boden, ihr eigenes Land und ihr eigenes Leben zu bestimmen, muss man sich fragen, zu wessen Bedingungen 'Frieden' herrschen wird."
"Tages-Anzeiger", Schweiz: "So bedeutend die Freilassung der israelischen Geiseln, die Rückkehr von fast 2000 palästinensischen Gefangenen und vor allem der Waffenstillstand sind: Es handelt sich um die ersten Schritte auf dem Weg zu einem Frieden. Ein Ziel muss sein, dass die fast zwanzigjährige Hamas-Diktatur endet, obwohl die Terrororganisation alles daransetzen wird, weiterhin Einfluss auszuüben und Hass zu säen. (…) Gar noch weiter entfernt scheint eine politische Lösung, um die es letztlich geht, wenn der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nachhaltig befriedet werden soll. Mit Benjamin Netanjahu ist kaum ein Palästinenserstaat zu machen, seine gesamte politische Karriere beruht auf seinem wiederholten Wahlversprechen, dass es nicht dazu kommt. Und so schnell, wie es sich seine politischen Gegner wünschen, dürfte die derzeitige Regierung nicht auseinanderbrechen. Auch Netanjahus rechtsextreme Koalitionäre sind lieber an der Macht als in der Opposition, obwohl sie den Gazakrieg endlos weiterführen wollten. Bleibt also viel zu tun für Donald Trump. Der von ihm halb vermittelte, halb erzwungene Waffenstillstand im Gazakrieg erinnert an die einzigartige Rolle der US-Supermacht, die sie bei Friedensbemühungen nach wie vor einnehmen kann."
"NZZ", Schweiz: "Die Israeli jubeln und die Palästinenser auch. Nach zwei Jahren unerbittlichen Kriegs zwischen Israel und der Hamas soll nun Frieden einkehren in Gaza, und das ausgerechnet auf Initiative von Donald Trump, der mit seinen Russland-Verhandlungen bisher so kläglich scheiterte. Ist das eine Fata Morgana, eine gigantische PR-Show, die nach dem erfolgreichen Austausch von israelischen Geiseln gegen palästinensische Terroristen in sich zusammenfällt? Einiges spricht dafür, dass dieser Frieden nachhaltiger ist, als Pessimisten meinen. (…) Die beiden Kriegsparteien fühlen sich bestimmt nicht der verhassten Gegenseite verpflichtet, aber sie sind im Schwitzkasten der Diplomatie. Jeder Wortbruch, den sie begehen, ist ein Affront gegenüber den internationalen Partnern und Vermittlern. Dabei spielt auch die feierliche Kulisse eine Rolle. Indem Trump ein – gemessen an dem Stand der Gespräche – übereuphorisches Friedenszeremoniell aufzieht, versucht er, die Palästinenser und die Israelis vor vollendete Tatsachen zu stellen. Trumps Friedenspostulat hat etwas Autoritäres im Sinne von: Ihr kommt aus dieser Angelegenheit nicht mehr heraus, der Frieden ist beschlossen, denn ich, der amerikanische Präsident, habe ihn der Welt verkündet."
Tränen und Jubel in Israel: Ein Land atmet auf

Aussicht auf einen palästinensischen Staat unwahrscheinlicher denn je
"Washington Post", USA: "Jahrzehntelang war es die allgemein verbreitete Ansicht, dass die einzige Lösung die friedliche Koexistenz zweier Staaten sei. Doch nach zwei Jahren des Blutvergießens scheint die Aussicht auf einen palästinensischen Staat unwahrscheinlicher denn je. Ein realistischeres Ziel ist die Ausweitung der Abraham-Abkommen. Trump, vertreten durch seinen Schwiegersohn Jared Kushner, vermittelte 2020 die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Sudan und Marokko. (...) Trump sagte am Montag, der beste Weg, die Aufgabe nach der Zerschlagung der Hamas zu beenden, sei der Beitritt weiterer arabischer Länder zu den Abkommen. Vorerst werden die unmittelbaren Prioritäten darin bestehen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen und eine funktionierende palästinensische Regierungsverwaltung aufzubauen. Das wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. An diesem ersten Tag nach dem Krieg können Araber, Israelis und Amerikaner diesen wichtigen Schritt jedoch feiern."
"Wall Street Journal", USA: "Die Hamas gab am Montag nicht nach, um Frieden zu schließen, sondern weil ihre Alternativen schlechter waren. Sie versucht, die Waffenruhe zu nutzen, um ihre Macht wiederherzustellen und in den Krieg zurückzukehren. (...) Die erste Bewährungsprobe sind nun die toten Geiseln, deren Leichen die Hamas am Montag zurückgeben sollte. Sie hat nur vier übergeben. Wenn die Regierungschefs der Welt schon über diese elementare Bedingung hinwegsehen, wird die Hamas wissen, dass auch der Rest optional ist. (...) Wir werden bald erfahren, ob die arabischen Staaten es mit Trumps Plan ernst meinen."
"The Age", Australien: "Die Aufmerksamkeit war so sehr auf Trump gerichtet, dass sich der Stahl im Ton von Netanjahus Botschaft leicht übersehen ließ. Der israelische Premierminister zeichnete ebenfalls eine Vision des Friedens – doch es war ein Frieden an der Spitze eines Speers. Er nannte es 'Frieden durch Stärke'. Er sprach die Worte nicht aus, doch er ließ das alte Sprichwort anklingen: Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor. Netanjahu sprach, als sei an diesem Frieden noch nichts sicher. Er jubelte über die Vernichtung von Israels Feinden. In seiner Ansprache vor der Knesset, nur wenige Augenblicke bevor Trump sprach, pries er die Bombardierung iranischer Nuklearanlagen (...). Er erklärte, die Hamas sei bei der Waffenruhe "eingeknickt". Israel, so behauptete er, habe alle seine Kriegsziele erreicht. (...) Dennoch enthielt Netanjahus Ansprache eine grundlegende Wahrheit. Israel hat den Krieg gewonnen. Ja, es hat dies zu einem schockierenden Preis an Tod und Zerstörung in Gaza getan. Es verlor internationale Unterstützung, als die Verwüstung weiterging. Aber wenn es Frieden geben soll, kann dieser nur kommen, wenn die erklärten Feinde Israels dessen Existenzrecht anerkennen."
"Sydney Morning Herald", Australien: "Trump sagt, es sei das Ende von 3000 Jahren Krieg. Wir sollten uns von seiner übernatürlichen Gabe zur Übertreibung nicht von der Bedeutung des Augenblicks ablenken lassen: Die ansteckende Freude der befreiten Geiseln und ihrer Familien und der Menschen, die buchstäblich auf den Straßen tanzen, sagen uns alles, was wir wissen müssen. Und so entstand ein seltener Moment der Einigkeit zwischen Trump-Anhängern und -Gegnern. (...) Zwar besteht kein Zweifel daran, dass Trump zumindest teilweise von Narzissmus angetrieben wird, doch er scheint tatsächlich eine Abneigung gegen Krieg zu haben. Er erinnerte daran, dass ihn seine frühen politischen Gegner als brutalen Kriegstreiber dargestellt hätten. In Wahrheit aber, sagte er, gehe es ihm darum, Kriege zu beenden – 'und es scheint zu funktionieren'. Natürlich ist die Ausrufung einer Waffenruhe nicht dasselbe wie die Beendigung von Kriegen, geschweige denn die Beendigung jahrzehntelanger Territorialkonflikte, jahrhundertelanger religiöser Gewalt und jahrtausendealten Judenhasses. Könnte es in dieser Hinsicht kontraproduktiv oder beunruhigend sein, dass Trump die Mission bereits als erfüllt betrachtet? (...) Viele der in Ägypten versammelten Staats- und Regierungschefs dürften innerlich geschnaubt haben, als Trump beteuerte, er habe die alten Probleme des Nahen Ostens gelöst. Doch er verdient große Anerkennung dafür, dass er es versucht hat – und dass er es überhaupt so weit gebracht hat. Jetzt muss er Kurs halten."