Unter einem beispiellosen Polizeiaufgebot hat in Moskau der international umstrittene Prozess über eine lange Haft gegen den Kremlgegner Alexej Nawalny begonnen. Das Moskauer Stadtgericht wurde von Hundertschaften der auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Sonderpolizei OMON bewacht und weiträumig abgesperrt mit Metallgittern, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Der Staatsmacht rüstete sich gegen Proteste von Nawalnys Unterstützern.
Es gab schon vor Beginn der als politische Inszenierung kritisierten Verhandlung erste Festnahmen. Zum Prozess kam ebenfalls Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja, die eine schwarze Gesichtsmaske trug. Nawalny stand in einem Glaskasten im Gerichtssaal und sprach mit seiner Frau, wie der Internetkanal Doschd berichtete. "Sie haben dich im Fernsehen in meiner Zelle gezeigt und erzählt, dass du ständig die öffentliche Ordnung störst. Böses Mädchen! Ich bin stolz auf dich", sagte er demnach. Nawalnaja war bei den Protesten zuletzt zweimal festgenommen worden.
Prozess gegen Alexej Nawalny: Richterin ausgetauscht
Kurz vor dem Beginn der Verhandlung wurde bekannt, dass die Richterin ausgetauscht worden ist. Anstelle von Julia Okunewa soll nun Natalja Repnikowa über Nawalny zu Gericht sitzen. Okunewas Familie war in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil sie geschäftliche Verbindungen zu der russischen Strafvollzugsbehörde (FSIN) und Geheimdiensten unterhält.
Der russische Strafvollzug hat eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Der 44-Jährige habe gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen und insgesamt sieben Mal die Meldepflicht bei den russischen Behörden verletzt, hieß es vor Gericht. Zudem forderte der Strafvollzug eine Geldstrafe von 500.000 Rubel (5400 Euro), wie russische Agenturen aus dem Gerichtssaal meldeten.