Der ehemalige US-Präsident Barack Obama verteidigt die nach ihm benannte Gesundheitsreform, die der von den regierenden Republikanern dominierte US-Kongress abschaffen will. In einem langen und emotionalen Beitrag auf Facebook ruft Obama den Senat eindringlich zum Kompromiss auf. Es gehe um das Leben von Menschen, das Thema sei größer als Parteipolitik. Diese Äußerung zu "Obamacare" ist eine nach dem Ende seiner Amtszeit selten deutliche, offene Einlassung des früheren Präsidenten.
Obama: "Reform sicher nicht perfekt"
Obama schreibt, die Reform sei sicher nicht perfekt gewesen. Er wolle weiter jede Verbesserung unterstützen, die sich am Wohle mehr zu versichernder Menschen und an geringeren Kosten orientiere. Er verweist auf die breite Phalanx an Kritikern an dem Gesetzentwurf.
Er habe Schwierigkeiten zu verstehen, warum das amerikanische Volk unter dem geplanten Rückbau in der Gesundheitspolitik leiden solle, während Milliardäre und Firmen im Gegenzug massive Steuererleichterungen erhalten sollten, schreibt Obama.
Die republikanische Führung im Senat hatte zuvor ihren Gesundheitsplan vorgestellt, der "Obamacare" ersetzen soll. Die Einschnitte in die allgemeine Gesundheitsversorgung gehen in dem nun vorgelegten Gesetzentwurf nicht ganz so weit wie in dem Plan, den das Repräsentantenhaus vor einigen Wochen verabschiedet hatte. Völlig unklar ist aber, ob der Senat den Entwurf in der vorliegenden Form verabschieden wird.
Steht die Mehrheit im Senat?
Zwar verfügen die Republikaner in der Kongresskammer über eine knappe Mehrheit von 52 der 100 Sitze. Doch erklärten vier Senatoren des erzkonservativen Parteiflügels bereits kurz nach Vorstellung der Pläne, dass sie den Entwurf in der jetzigen Fassung nicht billigen könnten. Ihnen gehen die Sparmaßnahmen nicht weit genug. In jedem Falle müsste der Reformplan, sollte er vom Senat verabschiedet werden, noch mit dem Entwurf des Repräsentantenhauses auf eine Linie gebracht werden.
Dieser Anfang Mai verabschiedete Plan würde nach einer Schätzung des parteiunabhängigen Rechnungshofs des Kongresses dazu führen, dass bis zum Jahr 2026 insgesamt 23 Millionen mehr US-Bürger ohne Krankenversicherung dastünden als heute. Für den Plan des Senats liegt eine solche Schätzung noch nicht vor.
Der hinter verschlossenen Türen von nur einer Handvoll Senatoren ausgetüftelte Gesetzentwurf mildert einige Härten etwas ab, die im Plan des Repräsentantenhauses vorgesehen sind. So sollen etwa Steuervergünstigungen für einkommensschwache Bürger, die den Erwerb einer Krankenversicherung ermöglichen sollen, für eine Übergangszeit von mindesten zwei Jahren weiterhin gewährt werden. Allerdings sieht auch der neue Plan drastische Einschnitte vor, etwa bei Medicare, der staatlichen Krankenversicherung für Arme.
Demokraten: Neue Fassung ist "herzlos"
Der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, zeigte sich offen für Veränderungen an dem Entwurf. Er wolle jedoch bis Ende Juni ein abschließendes Votum der Kammer herbeiführen. Trump begrüßte den Plan. Er werde zu einem "sehr guten" Ergebnis führen, sagte er. Der Anführer der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, geißelte das Vorhaben als "herzlos". Es werde jene Bürger des Gesundheitsschutzes berauben, die am stärksten darauf angewiesen seien.
Trump zieht gegen "Obamacare" zu Felde, weil das System angeblich zu hohe Kosten für Steuerzahler und Versicherte verursacht. Die von den Republikanern von Anfang an bekämpfte Gesundheitsreform ist eine der größten Hinterlassenschaften Obamas. Über "Obamacare" sind 20 Millionen Bürger krankenversichert, der Anteil der US-Bürger ohne Absicherung sank von 16 auf neun Prozent.