In der pakistanischen Metropole Karachi ist nach der Ermordung eines führenden Politikers in London das öffentliche Leben fast vollständig zum Erliegen gekommen. Aus Angst vor Gewaltakten blieben Schulen, Märkte und Tankstellen in der größten Stadt des Landes am Freitag geschlossen. Es fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel. Augenzeugenberichten zufolge kam es bereits zu Brandanschlägen.
Der 50-Jährige Imran Farooq wurde am Donnerstag mit mehreren Stichwunden und Kopfverletzungen im Norden der britischen Hauptstadt aufgefunden, teilte die Londoner Polizei mit. Ob die Tat politisch motiviert war, blieb zunächst unklar. Es wurden umfassende Ermittlungen aufgenommen. Festnahmen habe es zunächst jedoch nicht gegeben.
Farooq gehörte der Partei Muttahida Qaumi Movement (MQM) an, die in Karachi an der Regierung beteiligt ist. Die MQM ist eine der größten Parteien in Pakistan und widersetzt sich den Taliban. Auf der parteieigenen Website erklärte Farooq in einer Stellungnahme von 1999, er müsse sich seit 1992 verstecken, weil die Regierung ihn fälschlicherweise beschuldigt habe, ein Krimineller und ein Terrorist zu sein. Die MQM ist auch ein wichtiger Koalitionspartner der pakistanischen Regierung in der Hauptstadt Islamabad. Es wird befürchtet, dass Farooqs Ermordung die politische Stabilität gefährden könnte, insbesondere wenn die MQM rivalisierende Parteien für die Tat verantwortlich macht. Ministerpräsident Syed Yousuf Raza Gilani verurteilte den Mord an Farooq. MQM hat nach eigenen Angaben alle Parteiaktivitäten nach dem Tod des Politikers zum Zeichen der Trauer für zehn Tage ausgesetzt.
Schüsse in Karachi
Die Reaktionen auf den Mord waren heftig: Am Freitagmorgen brachen ein Dutzend Menschen Augenzeugen zufolge in ein Geschäft nahe der Parteizentrale und steckten es in Brand. Jugendliche sollen laut einem Anwohner in einem anderen Stadtteil eine Hauptstraße blockiert und zwei Busse angezündet haben. Pakistanische Medien berichteten, dass am Donnerstag in der 16-Millionen-Einwohner-Stadt mehrere Autos in Brand gesteckt worden und Schüsse gefallen seien. Kritiker und unabhängige Beobachter beschuldigen die MQM, in Karachi in kriminelle Machenschaften verstrickt zu sein. Hunderte Parteianhänger wurden in den vergangenen 20 Jahren bei Bandenkriegen getötet, darunter auch einige hochrangige Funktionäre. Allein in diesem Jahr starben Dutzende Parteianhänger.