Brüssel en bloc Vergiftete edle Tropfen

Schlechte Nachrichten für Weinliebhaber: Selbst edle Tröpfchen beinhalten bis zu zehn Gifte. Die EU will die Gifte genauer untersuchen - bei den Subventionen für Nokia ist sie dagegen deutlich weniger hartnäckig. Johannes Röhrig berichtet in seiner Freitags-Kolumne auf stern.de über Neues aus dem EU-Zirkus.

Im Wein ist Wahrheit – aber oft auch Gift. Das zeigt eine Studie des Pestizid Aktions-Netzwerks PAN sowie anderer Umweltschutzorganisationen, die 40 Weine unterschiedlicher Herkunft auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln testeten. Bei 35 Sorten – darunter alle konventionellen Weine der Probe - wurden sie fündig: Durchschnittlich vier unterschiedliche Pestizide konnten in den Test-Flaschen nachgewiesen werden; bei einem Spätburgunder aus Baden waren es sogar zehn giftige Substanzen.

Generell werden Trauben intensiv mit Pflanzengiften behandelt. So wurden in den Weinen insgesamt 24 Pestizide festgestellt; fünf davon gelten als krebserregend. Allerdings ist keines der nachgewiesenen Pflanzenschutzmittel verboten. Alle Giftmengen liegen unterhalb zulässiger Grenzwerte. Einige der Pflanzenschutzmittel stehen innerhalb der Europäischen Union nun jedoch auf dem Prüfstand. Giftig oder nicht – das ist übrigens keine Frage des Preises: Auch in einer 200 Euro teuren Flasche Bordeaux steckten Pestizide.

Johannes Röhrig

Johannes Röhrig ist stern-Korrespondent in Brüssel. In seiner Kolumne "Brüssel en bloc" schreibt er regelmäßig über Figuren, Hintergründe und Skurrilitäten im EU-Zirkus.

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Der Bochumer CDU-Europaabgeordnete Christoph Konrad fand in dieser Kolumne bereits Ende Januar einmal eine Erwähnung. Sie fiel wenig schmeichelhaft aus, denn damals entstand der Eindruck, Konrad würde dem drohenden Abzug des Handyherstellers Nokia aus seiner Heimatstadt ins kostengünstigere Rumänien recht wenig Anteilnahme entgegenbringen. Das war ein wenig ungerecht, denn nun hat Konrad zumindest erreicht, dass die EU-Kommission nach Wochen interner Recherchen endlich eine offizielle Stellungnahme zur Subventionslage bei Nokia vorlegte. Bisher gab es dazu von höchster Stelle zwar vorläufige Erklärungen, es sei wohl kein EU-Geld geflossen. Doch so genau wusste das keiner.

Leider fällt auch das verbriefte Statement der Kommission nun teilweise unscharf aus. Sicher scheint zumindest zu sein: Aus EU-Töpfen gab es kein Geld für Nokia oder den neuen rumänischen Firmen-Standort Cluj. Insofern werden die bisherigen Angaben bestätigt. Allerdings versüßte Rumänien dem Handybauer Nokia den Umzug offenbar aus eigenen Mitteln (genau so also, wie dies zuvor auch Nordrhein-Westfalen tat). Hierüber jedoch fehlen der EU noch genaue Informationen.

Staatliche Beihilfen sind unlauter, wenn sie zum Abwerben von Firmen innerhalb der Union eingesetzt werden. Sie müssten ab einer bestimmten Höhe daher angemeldet werden. Rumänien hüllt sich über Details der Subventionen jedoch in Schweigen: "Die Kommission hat die rumänischen Behörden aufgefordert, sachdienliche Informationen zu übermitteln ...", heißt es in der Stellungnahme der EU. Die Erfahrung in anderen Fällen zeigt, dass Staaten auf derart sanfte Bitten nur sehr zögerlich reagieren - wenn überhaupt. Das Thema Nokia bleibt der EU also noch länger erhalten.

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Angesichts der fatalen Lage in Tibet kommen einige EU-Parlamentarier auf die wildesten Ideen. Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) erklärte, er schließe einen Boykott der in China stattfindenden Olympischen Spiele nicht aus. Aber wem können das Parlament oder Pöttering, der ohnehin mehr reist als jeder Papst, eine solche Boykott-Empfehlung auferlegen? Allenfalls sich selbst.

Elmar Brok, ebenfalls ein konservatives Urgestein im EU-Plenum, hat derweil vorgeschlagen, die Spiele nur noch im Mutterland des nationalen Kräftemessens Griechenland abzuhalten. So werde dem Event der Propaganda-Charakter genommen, auf den einige Austragungsländer offensichtlich so viel Wert legen. Die Brok-Idee muss man nur mal für andere Ereignisse wie die Fußball-WM weiter spinnen: Football is coming home? Unfug!

Schließlich will sich Thomas Mann, der Tibet-Beauftragte des EU-Parlaments, notfalls selbst kasteien. Mann erwägt einen Boykott chinesischer Produkte und einen TV-Verzicht für Olympia. Seine Mitmenschen will er auffordern, es ihm gleich zu tun. Die von ihm geforderte "Abstimmung mit der Fernbedienung" dürfte dem CDU-Politiker nicht leicht fallen: Mann ist ein ausgewiesener Sportfan, wie man auf seiner Internetseite sehen kann.