Die Nachricht machte zunächst über SMS die Runde und wurde nun von informierten Kreisen gegenüber stern.de bestätigt: Der populäre Journalist Chang Ping ist "auf Druck von höheren Instanzen" abgesetzt. Grund: Vor wenigen Wochen hatte er in seinem Blog angesichts des wachsenden Nationalismus in China zur Besonnenheit aufgerufen.
Ausgewogen kritisierte er die westliche Berichterstattung über Tibet ("schlimme Fehler, bewusst irreführend"), schrieb aber dann über die chinesischen Medien: "Wenn alle Nachrichten aus einer Quelle kommen, kann ich nicht sagen, sie sind gefälscht, aber ich kann sie auch nicht als wahr akzeptieren ... Wenn der Staat die Medien kontrolliert, ist der Welt nicht mehr zu helfen."
Auch rief er zu besserem gegenseitigen Verständnis zwischen den verschiedenen Nationalitäten in China auf: "Viele Chinesen haben herausgefunden dass die Vorurteile von westlichen Menschen gegen China auf deren Gefühl kultureller Überlegenheit beruhen. Doch wir sollten das als eine Warnung sehen: Wenn Han-Chinesen den ethnischen Minderheiten gegenüberstehen, haben sie dann nicht auch das Gefühl kultureller Überlegenheit, das zu Vorurteilen führt?" Sein Blog endete mit dem Satz: "Wird es unseren Medien erlaubt sein, die Angelegenheit frei zu diskutieren und die Wahrheit aufzudecken?"
Die Antwort ist leider Nein, wie Changs Entlassung zeigt. Es heißt, er werde auf eine andere, weniger einflussreiche Stelle abgeschoben. Offenbar soll ein Signal an andere Journalisten ausgesandt werden: Wer abweichende Meinungen äußert, gefährdet seine Position oder im schlimmsten Fall auch die Existenz seiner Familie.
Kollegen geschockt
Chinesische Journalisten reagierten mit Schock auf die Nachricht. Es gibt aber auch Anzeichen, dass solche Entscheidungen den Unmut über die Regierung verstärken. "Ich drücke meinen Respekt für Chang Ping aus", schreibt eine Bloggerin. "Ich denke, die Leute, die seinen Mund stopfen wollen, werden eines Tages bessere Wege finden, um die Probleme zu lösen. Sie hoffe sie werden sich daran erinnern: Es ist ganz und gar nicht Chang Ping und seine rationale Stimme, die die Sicherheit unseres Landes gefährdet. Alle Nationalitätenkonflikte sollten mit Liebe und Vernunft gelöst werden."
"Ich möchte ihn umarmen", schreibt ein anderer. Darunter hat jemand ein Smiley-Männchen mit überklebtem Mund gesetzt als Zeichen dafür, dass Kritiker mundtot gemacht werden sollen.
Chang Ping selbst wollte bislang keine Stellungnahme abgeben. Doch bereits vor drei Wochen schrieb er in seinem Blog: "Ich kämpfe immer, aber ich bin kein Soldat. Der Ärger wird nicht umsonst sein. Ich danke allen, die mich unterstützen. Ohne euch wäre das Leben schwer."