Bei der Parlamentswahl in Argentinien hat die Regierungspartei von Präsidentin Cristina Kirchner starke Verluste erlitten, ihre Mehrheit im Kongress aber verteidigt. Die erhoffte Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Verfassungsänderung blieb ihr amtlichen Ergebnissen vom Sonntag zufolge allerdings versagt. Diese hätte Kirchner ermöglicht, nach einer Verfassungsänderung 2015 für eine dritte Amtszeit in Folge zu kandidieren, was nach der derzeit gültigen Verfassung untersagt ist.
Nach den amtlichen Ergebnissen kam Kirchners Front für den Sieg (FpV) auf eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Auch im Senat behält sie mit Unterstützung von Verbündeten ihre Mehrheit. Die Partei ist die Hauptgruppe der peronistischen Strömung, die sich auf den früheren Präsidenten Juan Perón beruft. An Boden verlor die Front vor allem in der Provinz Buenos Aires, in der gleichnamigen Hauptstadt sowie in anderen großen Städten wie Córdoba, Santa Fe und Mendoza.
Mehr als 30 Millionen Wähler waren aufgerufen, in der Mitte von Kirchners zweiter Amtszeit die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren neu zu bestimmen. In den fünf größten Provinzen machte die Opposition das Rennen. In der Provinz Buenos Aires, in der fast 40 Prozent der argentinischen Bevölkerung leben, erzielte die Erneuerungsfront des abtrünnigen Peronisten Sergio Massa 44 Prozent der Stimmen.
Kirchner erholt sich von Operation
In der Provinz Santa Fe wurden die Sozialisten stärkste Kraft, in der Provinz Córdoba eine andere abtrünnige peronistische Gruppe. In der Provinz Mendoza landete die Radikale Bürgerunion (UCR) des früheren Präsidenten Raúl Alfonsín auf dem ersten Platz, in der Hauptstadt Buenos Aires die konservative Partei PRO des Bürgermeisters Mauricio Macri. In den übrigen Provinzen trug die Kirchner-Partei den Sieg davon.
Die Wahl galt als wichtiger Stimmungstest für die Präsidentin, deren Popularität laut Umfragen zuletzt stark eingebrochen war. Die 60-Jährige erholt sich derzeit noch von einer Operation nach einer Gehirnblutung.
Seit 2003 werden die Geschicke des Landes von der Familie Kirchner geleitet. Damals hatte Néstor Kirchner die Präsidentenwahl gewonnen. Ihm gelang es, das Land aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen, in die es mit dem Finanzcrash von 2001 gestürzt war. Nach seinem Tod im Jahr 2007 führte seine Witwe Cristina Fernández de Kirchner seine Politik fort, doch ist sie zunehmend umstritten.
Ärmere Bevölkerungsschichten unterstützen Kirchner
Während die Regierung wirtschaftliche Erfolge herausstreicht, macht die Opposition sie für eine Inflationsrate von mehr als 25 Prozent sowie Korruption und die allgegenwärtigebreitete Gewaltkriminalität verantwortlich. Das konservative Lager kritisiert ihren Schulterschluss mit linken Regierungen in Bolivien, Ecuador und Venezuela. Außerdem kreidet es Kirchner die Wiederverstaatlichung oder Teilverstaatlichung dutzender Unternehmen an, darunter der Ölkonzern YPF.
Die ärmeren Bevölkerungsschichten halten Kirchner dagegen ihren Einsatz gegen die Armut sowie die Verbesserung der Renten und Wohlfahrtsprogramme zugute. Kirchner-Anhänger verweisen zudem darauf, dass die Strafprozesse wegen Verbrechen während der Militärherrschaft (1976 bis 1983) stark zunahmen, selbst wenn die Justiz wegen der langsamen Verfahren immer wieder kritisiert wird.