Sollte der Türkei, wie von der CDU gewünscht, die Tür der Europäischen Union verschlossen bleiben, so müssten die Staats- und Regierungschefs der EU mehrere einstimmig gefasste Beschlüsse wieder umstoßen. Vor allem den vom Dezember 1999 in Helsinki: "Die Türkei ist ein beitrittswilliges Land, das auf der Grundlage derselben Kriterien, die auch für die übrigen beitrittswilligen Länder gelten, Mitglied der Union werden soll."
Diese Formulierung war ein Durchbruch für die Türkei. Ihr schon 1987 gestellter Aufnahmeantrag war zuvor wegen der Unzufriedenheit der EU mit den Verhältnissen im Lande immer wieder in die Schublade gelegt worden. Aber auch jetzt blieb - und bleibt - die Türkei der einzige der Beitrittskandidaten, mit denen über eine Aufnahme noch nicht einmal verhandelt wird.
Das könnte sich Ende des Jahres ändern. Denn im Dezember 2002 beschloss ein EU-Gipfel: "Entscheidet der Europäische Rat im Dezember 2004 auf der Grundlage eines Berichtes und einer Empfehlung der Kommission, dass die Türkei die politischen Kriterien von Kopenhagen erfüllt, so wird die Europäische Union die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ohne Verzug eröffnen." Die "politischen Kriterien von Kopenhagen" hatte ein früherer EU-Gipfel in der dänischen Hauptstadt festgelegt, sie betreffen vor allem Demokratie und Menschenrechte.
Sieht der nächste Dezember-Gipfel, gestützt auf die für Oktober erwartete Empfehlung der EU-Kommission, diese Bedingungen als erfüllt an, so bleibt ihm nur noch, den Termin für Verhandlungen zu nennen - oder den früheren Beschluss zu widerrufen.
Aber auch als Kandidat für den EU-Beitritt hat die Türkei schon eine bevorzugte Stellung. Über zahlreiche Programme und Projekte erhält sie wie andere Kandidatenländer auch "Vorbeitrittshilfen". Ein Assoziierungsabkommen regelt die enge Zusammenarbeit, und seit 1995 sorgt eine Zollunion für Erleichterungen des gemeinsamen Handels.
DPA