Gegen den Widerstand aus dem Kabinett will der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon seinen Plan für einen Rückzug aus dem Gazastreifen durchsetzen. Scharon werde den Plan am Sonntag den Ministern zur Abstimmung vorlegen, hieß es in Regierungskreisen. Damit geht der Regierungschef auf Konfrontationskurs zu Koalitionspartnern und Teilen seiner Likud-Partei, die einen Abzug aus dem Gazastreifen strikt ablehnen.
Scharon habe seine Entscheidung getroffen, nachdem Verhandlungen mit Hardlinern seiner Koalition ohne Ergebnis geblieben seien, so Regierungskreise. Derzeit sei nicht sicher, dass der Ministerpräsident eine Mehrheit der 23 Kabinettsmitglieder auf seine Seite ziehen könne. Zunächst war erwartet worden, Scharon werde nur einen Teil eines überarbeiteten Rückzugsplans zur Abstimmung stellen.
Nationalreligiöse Partei droht die Koalition zu verlassen
Ein Mitarbeiter des Ministerpräsidenten erklärte, alle Minister hätten eine Kopie des Plans erhalten, dazu einen Briefwechsel zwischen Scharon und US-Präsident George W. Bush sowie Einzelheiten zur technischen Vorbereitung des geplanten Abzugs. Bush hatte Scharon im vergangenen Monat bei einem Treffen im Weißen Haus seine Unterstützung für den Abzug zugesichert.
Die Likud-Partei hatte Scharons Vorhaben in einem Referendum Anfang Mai dagegen zurückgewiesen. Die siedlerfreundliche Nationalreligiöse Partei deutete an, sie werde die Koalition verlassen, selbst wenn nur drei der 21 Siedlungen geräumt werden sollten.
Die Kommentatoren der israelischen Zeitungen sprachen von einem möglichen Sturz des Regierungschefs und sahen sogar die Möglichkeit von Neuwahlen. "Das Ende Scharons", titelte die Zeitung "Haaretz". Die oppositionelle Arbeitspartei, die einen Abzug aus dem Gazastreifen unterstützt, wurde als möglicher Koalitionspartner genannt, falls konservative Parteien die Regierung verlassen sollten.