Die Armee hoffe, dass die Räumung des Gazastreifens innerhalb von zehn Tagen abgeschlossen sein werde, berichtete die Zeitung"Haaretz" unter Berufung auf die Streitkräfte. Widerstand werde vor allem von den etwa 5000 militanten Israelis erwartet, die sich illegal im Gazastreifen aufhalten. Einige der 21 jüdischen Siedlungen seien jedoch schon weit gehend geräumt und sollten heute von ihren Bewohnern verlassen werden, hieß es.
38 Jahre danach
Israel hatte nach 38 Jahren Besatzung gegen den Widerstand jüdischer Siedler mit dem Abzug aus dem Gazastreifen begonnen. Tausende Polizisten und Soldaten waren im Einsatz, um den verbliebenen der ursprünglich rund 8000 Siedler Räumungsbefehle zuzustellen. Wegen mehrerer Straßenblockaden lief der Einsatz schleppend an, ohne in größere Gewalt umzuschlagen.
Ministerpräsident Ariel Scharon forderte die Palästinenser unterdessen auf, ihren Friedenswillen zu beweisen. "Eine ausgestreckte Hand wird mit einem Ölzweig begrüßt. Auf Feuer werden wir mit Feuer antworten, heftiger als zuvor", sagte er in einer Fernsehansprache.
Ein historischer Tag
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bezeichnete den Abzug als historischen Tag für die Palästinenser. Eine Räumung der jüdischen Siedlungen sei der erste Schritt für einen Rückzug Israels aus allen 1967 besetzten Gebieten, sagte Abbas in der Stadt Gaza auf einer Sitzung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Er forderte die Bevölkerung auf, mit friedlichen Feiern ein zivilisiertes Bild in die Welt zu senden. In Gaza gab es bereits Freudenkundgebungen.
In mehreren Siedlungen verschanzten sich Siedler und angereiste Jugendliche hinter versperrten Toren und Barrikaden vor der Polizei. "Wir werden nicht stürmen. Unsere Politik ist es, auf allen erdenklichen Wegen Hilfe anzubieten", sagte Verteidigungsminister Schaul Mofas dazu. Einer der Brennpunkte war die Siedlung Newe Dekalim. Die Polizei verhandelte stundenlang, bevor sich Beamte durch eine Nebenstraße Zugang verschafften. Später fuhren zivile Lastwagen ein, um den Umzug der Familien zu übernehmen, die dem Räumungsbefehl befolgen wollten. Bis zum Beginn des Abzugs waren etwa 300 der insgesamt rund 1700 jüdischen Siedlerfamilien aus dem Gazastreifen abgereist.
Vermeidung von Gewalt
Zunächst seien die Räumungsbefehle nur in drei der 21 Siedlungen allen Einwohnern zugestellt worden, sagte eine israelische Polizeisprecherin. In acht Siedlungen seien Polizei und Armee noch unterwegs oder in Verhandlung mit den Bewohnern. Um Zusammenstöße mit Gegnern des Abzugs zu vermeiden, würden mehrere Siedlungen vorerst nicht betreten. "Es wäre zu kompliziert. Wir wollen nicht in gewalttätige Situationen kommen", sagte die Polizeisprecherin. Einige andere Siedlungen, darunter auch zwei im nördlichen Westjordanland, waren bereits nahezu leer.
Scharon hatte den als historisch bezeichneten Abzug in einem monatelangen politischen Ringen durchgesetzt. Israel will im Gazastreifen binnen weniger Wochen alle 21 jüdischen Siedlungen im nördlichen Westjordanland vier Siedlungen abbauen. Gleichzeitig will Israel die großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland für immer beanspruchen.
In einem formalen Akt beschloss die israelische Regierung die zweite Phase des Abzugs. Der israelische Rundfunk berichtete, 16 Minister hätten für die Räumung aller Siedlungen im Gusch-Katif-Block gestimmt. Dagegen votierten vier Minister. In dem monatelangen Streit um den Abzug war vereinbart worden, dass das Kabinett jeweils eine endgültige Zustimmung geben muss.