Die britische Premierministerin Liz Truss trennt sich von Innenministerin Suella Braverman. Entsprechende Berichte bestätigte die konservative Politikerin am Mittwoch per Twitter. Als Grund für ihren Rücktritt gab Braverman "einen technischen Bruch" von Geheimhaltungsregeln an. Sie habe ein offizielles Dokument von ihrer persönlichen E-Mail-Adresse an einen "vertrauten parlamentarischen Kollegen" weitergeleitet, schrieb Braverman. Viel daraus sei bereits bekannt gewesen, trotzdem sei es "richtig für mich, zu gehen".
Bravermans Nachfolge tritt der frühere Verkehrsminister Grant Shapps an. Der 54-Jährige hatte im innerparteilichen Wahlkampf um die Nachfolge von Ex-Premier Boris Johnson Truss' Rivalen Rishi Sunak unterstützt. Zuvor war er im Kabinett von Boris Johnson Verkehrsminister. Er gilt als erfahrener Minister und überzeugender Kommunikator und ist bereits der zweite Neuzugang in einem der Schlüsselministerien innerhalb einer Woche.
Braverman gehört zum extrem rechten Flügel
Braverman kritisierte in dem Schreiben den Kurs der Regierung. Wichtige Versprechen an die Wähler seien gebrochen worden und sie habe auch "große Bedenken hinsichtlich des Bekenntnisses dieser Regierung zu unserem Wahlprogramm, wie die Gesamtzahl der Einwanderer zu begrenzen und illegale Migration zu stoppen, besonders die gefährlichen Bootsüberquerungen", so Braverman weiter.
Braverman gehört zum extremen rechten Flügel der Partei und machte immer wieder mit Äußerungen zu ihren Plänen für ein härteres Vorgehen bei Abschiebungen von sich reden. Kürzlich wetterte sie im Parlament gegen "Tofu essende" Linke.
Es ist der bereits zweite Wechsel in einem wichtigen Ressort innerhalb von sechs Tagen. Erst am Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und mit dem früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt.
Chaos in der Fraktion erhöht Druck auf Truss
Die konservative Regierungschefin kämpft um ihr Amt, nachdem sie mit geplanten Steuererleichterungen ein Finanzchaos ausgelöst hatte und eine Kehrtwende hinlegen musste. Doch Truss scheint immer weniger Herrin der Lage zu sein. Berichten zufolge trat am Mittwoch auch noch ein Teil der Fraktionsführung zurück, nachdem die Regierung eine Abstimmung im Parlament zunächst zur Vertrauensfrage erklärt hatte, in letzter Minute aber zurückruderte.
In der konservativen Fraktion sind die Nerven offenkundig zum Zerreißen gespannt. Das Chaos werfe "in jeder Hinsicht ein erbärmliches Licht auf die konservative Partei und die aktuelle Regierung", sagte der Abgeordnete Charles Walker im Interview mit der BBC. In seinen 17 Jahren im Parlament habe er noch nie etwas Vergleichbares gesehen, berichtete Walker aus der Sitzung am Mittwoch. "Ich bin unfassbar entsetzt, ich bin wütend", so Walker. Laut unbestätigten Berichten legte die für die Einhaltung der Fraktionsdisziplin zuständige Chefeinpeitscherin (Chief Whip), Wendy Morton, ihr Amt kurz nach einer Abstimmung im Unterhaus nieder, bei der die Konservativen wenig Einigkeit zeigten.