Während des Vietnamkriegs bekam eine Gruppe Soldaten der 11. US-Infanterie-Brigade am 16. März 1968 den Befehl, das nahe der Grenze zu Nordvietnam gelegene Dorf My Lai einzunehmen und nach Guerillakämpfern zu durchsuchen. Die Gruppe stand unter dem Befehl des 24-jährigen Leutnants William Calley. Die Soldaten trafen aber keine Unterstützer des Vietcong an, sondern nur Frauen, Greise und Kinder.
Die Soldaten zerstörten das Dorf, vergewaltigten Frauen und erschossen 503 der 530 Dorfbewohner. Kaum einer verweigerte den Erschießungsbefehl. Lediglich der amerikanische Pilot Hugh Thompson drohte damit, den Bordschützen seines Hubschraubers auf seine mordenden Kameraden schießen zu lassen und konnte dank dieser Drohung elf Frauen und Kindern das Leben retten.
"20 Zivilisten unbeabsichtigt getötet"
Die Offiziere der 11. Infanterie-Brigade versuchten, das Massaker an den Zivilisten zu vertuschen. So lautete die offizielle Darstellung, bei Kampfhandlungen seien 20 Zivilisten unbeabsichtigt getötet worden. Erst als im Dezember 1969 das Magazin "Life" über den Vorfall in My Lai berichtete, kam es zu weltweiter Empörung und einer Untersuchung des Massakers durch die US-Behörden.
Allerdings wurden nur vier der beteiligten Soldaten vor ein Militärgericht gestellt. Leutnant William Calley wurde Ende 1969 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt. Er saß aber nur drei Tage im Gefängnis, bevor er durch den amerikanischen Präsidenten Richard Nixon zu drei Jahren Hausarrest begnadigt wurde. Hubschrauberpilot Hugh Thompson wurde 30 Jahre nach seiner Verweigerung, Zivilisten zu erschießen, von der Armee ausgezeichnet.
Wandel in der öffentlichen Meinung
Die Veröffentlichung des "Life"-Artikels über das Massaker von My Lai brachte eine Wende in der öffentlichen Meinung zum Vietnamkrieg und trug deutlich zur Mobilisierung der amerikanischen Antikriegsbewegung in den späten 1960er Jahren bei.