Nach einem Massaker mit 18 Toten im US-Bundesstaat Maine sucht die Polizei weiter mit einem Großaufgebot nach dem Schützen. Im Gebiet rund um die zwei Tatorte im US-Bundesstaat Maine ist das öffentliche Leben deshalb weitgehend zum Erliegen gekommen.
Am Donnerstagabend (Ortszeit) waren zahlreiche Polizeiautos vor dem Haus des Verdächtigen in der Kleinstadt Bowdoin angerückt und Beamte durchkämmten mehrere Grundstücke. Bowdoin ist etwa eine halbe Stunde mit dem Auto von Lewiston entfernt, wo ein Schütze am Mittwochabend (Ortszeit) mindestens 18 Menschen mit einem Sturmgewehr getötet hatte. Es sei nicht bekannt, ob sich der Verdächtige in einem der durchsuchten Häuser aufhalte, teilte die Polizei mit.
Im Fernsehen waren am Donnerstagabend zahlreiche Hubschrauber und ein Großaufgebot von Polizeiautos vor einem Haus im Heimatort des mutmaßlichen Schützen zu sehen. Der Sender CNN berichtete, Beamte der Bundespolizei FBI hätten gerufen: "Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!" Die Einsatzkräfte sollen außerdem den Namen des Verdächtigen gerufen haben.
Auch die US-Küstenwache fahndete nach ihm, da eine Flucht per Boot nicht ausgeschlossen wurde. In der Region herrscht Ausnahmezustand. Die Polizei warnte Anwohner eindringlich vor dem Flüchtigen und rief die Menschen dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen.
Angehörige berichtet von einem "großen Knall"
Der Schütze hatte am Mittwochabend in einem Freizeitzentrum mit Bowlingbahnen und in einem Grillrestaurant in der kleinen Stadt Lewiston das Feuer eröffnet. Am ersten Tatort tötete er sieben Menschen, am zweiten acht. Drei weitere Opfer starben kurz nach der Tat im Krankenhaus. Weitere 13 Menschen wurden verletzt. Das Motiv des Täters war auch am Tag danach nicht bekannt.
Eine Überlebende, die ihre Schwester bei der Bluttat verloren hatte, schilderte dem Sender CNN: "Wir waren beim Bowling und hörten einen großen Knall." Sie sei sich zunächst nicht sicher gewesen, was los war. Dann habe sie aber mehrere Schüsse gehört. "Ich rannte so weit wie ich konnte."
Mutmaßlicher Täter von Maine: Rätselraten über Motiv
Seit rund 24 Stunden sucht die Polizei den Flüchtigen und hat einen 40 Jahre alter Mann zur Fahndung ausgeschrieben. Sie warnte, dass der Mann mutmaßlich bewaffnet und gefährlich sei. Das mutmaßliche Tatfahrzeug war bereits am Mittwochabend gefunden worden.
Bei dem Gesuchten handelt es sich mutmaßlich um den Reservesoldaten Robert C. Nach Angaben der "Washington Post" hatte er sich im Jahr 2002 zum Militärdienst gemeldet, aber keine Kampfeinsätze absolviert. Er habe Ingenieurtechnik studiert, allerdings keinen Abschluss gemacht. Die Zeitung berichtete außerdem, das Verhalten des Mannes sei Kollegen vor einigen Monaten seltsam vorgekommen. Er soll schließlich zwei Wochen in psychiatrischer Behandlung gewesen sein und sich Medienberichten zufolge eingebildet haben, Stimmen zu hören.
Berichten zufolge fanden die Ermittler eine Notiz im Haus des Mannes. Sie machten aber keine Angaben über deren Inhalt. Die Familie des Tatverdächtigen kooperiert mit der Polizei. Die Schwester des Mannes soll Ermittlern laut dem Sender ABC gesagt haben, sie glaube, ihr Bruder habe an den Tatorten nach einer Ex-Freundin gesucht. Er und die Ex-Freundin hätten sich häufig in dem Freizeitzentrum und dem Grillrestaurant aufgehalten.
Täter könnte sich in Wäldern verstecken
Am Donnerstagabend sah es zunächst so aus, als könnte die Polizei einen Erfolg erzielt haben. Der Sender CNN berichtete, Beamte der Bundespolizei FBI hätten vor dem Haus des Verdächtigen Stellung bezogen, seinen Namen gerufen und ihn aufgefordert: "Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!" Kurze Zeit später erklärte die Polizei auf der Plattform X: "Die Durchsagen, die über einen Lautsprecher zu hören sind, sind Standarddurchsagen bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbefehls, um die Sicherheit aller Beteiligten zu gewährleisten."
Die Suche nach dem Flüchtigen gestaltet sich auch deshalb sehr schwierig, weil die ländlich geprägte Gegend nur dünn besiedelt ist. Ermittler fürchten, der Verdächtige könnte sich in den Wäldern versteckt haben oder gar mit einem Boot geflüchtet sein. Der Mann soll laut Kollegen geübt darin sein, sich im Gelände zu bewegen. Hunderte Polizeibeamte durchkämmten die Gegend. Mit Informationen hielten sich die Behörden zurück – es drangen kaum Details an die Öffentlichkeit.
In Maine ist Waffenbesitz Tradition
In den USA gehören Amokläufe und tödliche Schießereien auf traurige Weise zum Alltag. Schusswaffen sind dort leicht erhältlich und massenhaft im Umlauf. Regelmäßig erschüttern blutige Attacken – etwa an Schulen, in Supermärkten, Nachtclubs und bei Großveranstaltungen – mit vielen Opfern das Land. Dies führt immer wieder zu Diskussionen über eine Verschärfung des Waffenrechts, bislang jedoch ohne wirkliches Ergebnis. In der Regel scheitern strengere Regeln an den Republikanern und der mächtigen Waffenlobby.
Im Bundesstaat Maine gibt es kein Gesetz, das es Strafverfolgungsbehörden erlauben würde, jemanden zu entwaffnen, der eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellt. Am Donnerstag trat die republikanische Senatorin Susan Collins aus Maine vor die Presse und musste sich Fragen zum Waffenrecht in dem Bundesstaat stellen. "Wir haben in unserem Land einen zweiten Verfassungszusatz", betonte Collins mit Blick auf das darin verankerte Recht auf Waffenbesitz. Der entsprechende Passus stammt aus dem 18. Jahrhundert. "Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Region (...) auf eine lange Tradition des verantwortungsvollen Waffenbesitzes zurückblicken kann", sagte Collins.
Olaf Scholz bestürzt
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich bestürzt über die Tat. "Ich bin zutiefst erschüttert über den schrecklichen Anschlag in Lewiston, Maine. Mein Beileid geht an die Familien und Freunde der Opfer", schrieb Scholz auf Englisch auf der Plattform X.